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Architekturführer Danzig. Gdansk. Sopot. Gdynia.

Muß eine Stadt, wie Breslau 2016, Kulturhauptstadt Europas sein, um sich zu empfehlen? Zumal wenn sie wie hier Danzig, als Dreistadt (trojmiasto) gleich zwei Nachbarstädte mit im städtebaulich-architektonischen Gepäck hat?

Und zur städtebaulichen Agglomeration wird, die hier im architektonischen Komplettangebot vorgestellt wird. Mit, und das ist ganz neu, Gebäuden aus all ihren architektonischen Perioden. Erkundet in 20 klar strukturierten Stadtrundgängen mit kurz-präzisen Objekt-Informationen. Abgerundet mit Exkursen zu architektonischem Lokalkolorit (Giebel, Beischläge), Kurzporträts von Architekten und all dies immer in deutsch-polnische Geschichte eingebettet. Wer sich dann noch mittels Luftaufnahmen, Stadtteilübersichten, Hinweisen auf öffentliche Verkehrsmittel und Radwege exzellent orientieren kann, wird sich hier von Anfang an kaum fremd fühlen.

Auch nicht in einer in allen drei Städten langsam dominierenden städtebaulichen Moderne. Mit zum Beispiel den Sea Towers (2009) an der Hafenfront Gdynias und momentan gleich drei architektonisch herausragenden Gebäuden im innerstädtischen Danzig (Europäisches Soldidarnosc-Zentrum, Shakespeare-Theater, beide 2014; Museum des II. Weltkrieges 2017, doch Eröffnungstermin unbestimmt). Daneben beispielhafte Neubauten aus Polens sozialistischer Zeit wie der allseits bekannten, nach 1945 historisierend wieder aufgebauten Danziger Altstadt. Das jugendstilzeitlich geprägte Ostseebad Sopot findet sich ebenso ausführlich präsentiert wie der fast unbekannte polnische Dreißiger-Jahre-Modernizm im Zentrum von Gdynia. Womit nun, wie in Danzig, auch Industriegeschichte ins Blickfeld gerät, Werft-, Hafen- und Uferanlagen, abgerissen, alt und neu genutzt. Und Planungsperspektiven ins Bild gelangen die über unsere Zeit hinausweisen, wie die für die Nachkriegs-Stadtbrache der Danziger Speicherinsel. Bis 2024 soll sie bebaut sein, die Ausschreibung dafür gewann ein deutsches Architektenteam. Mit Hotels und Wohnkomplexen, auch hier nur für Eigentümer, Stoff für kritische Architekturrezipienten. Die werden schon heute in Günter Grassens auch vorgestelltem Danziger Wohnumfeld (Langfuhr/Wresecz) fündig. Bei Gewerbe- und Büro(hoch)häusern und einem, so die Autoren architektenstolz, ungebrochenen Boom an Shopping-Centern mit und ohne Einkaufsbahnhöfe. Zu Architektonischem aus sozialistischer Zeit liest mans differenzierter.

Bleibt gleichwohl die Empfehlung für diese Dreistadt und einen gelungenen Architekturführer, weil architekturhistorisches Kompendium ebenso wie Wegweiser in eine wenig bekannte polnisch und international geprägte architektonische Moderne.

07.04.2017
Wolfgang Schmidt, Berlin-Friedenau
Architekturführer Danzig. Gdansk Sopot Gdynia. Borucka, Justyna; Gatermann, Harald. 352 S. 650 Abb. 25 x 14 cm. Pb. DOM Publishers, Berlin 2016. ing EUR 38,00.
ISBN 978-3-86922-452-7
 
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