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Leere Kirchen - was tun?

Umnutzung von Kirchengebäuden in Deutschland

Heute ist St. Maximin in Trier eine Turnhalle, St. Marien in Neubrandenburg ein Konzertsaal und die Leopoldsburger Kirche in Milow eine Bankfiliale.
Das mag für christliche Gläubige eine nur schwer zu ertragende Situation sein, aber zu allen Zeiten wurden Kirchengebäude umgenutzt, obwohl sich die jüngste Welle von früheren Epochen durchaus unterscheidet. Seitdem immer mehr Sakralbauten leer stehen, im Bistum Essen beispielsweise fast jede dritte Kirche geschlossen wird und mancherorts Gotteshäuser zum Verkauf angeboten werden, stellt sich die Frage nach dem Umgang mit diesen Bauwerken immer lauter.
Die Dissertation von Rainer Fisch, seit 1998 beim Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung in Berlin und mit Baumaßnahmen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz betraut, stellt die erste systematische und aus kritischer Distanz verfasste Untersuchung zu diesem brisanten Thema dar. Selbst für Kenner der Problematik werden überraschende Hintergründe der aktuellen Profanierungswelle aufgedeckt und Handlungsmaßstäbe für den zukünftigen Umgang mit Kirchenleerständen gegeben.

Wie sieht ein Umnutzungsprozess aus? Und wie ist die Nachhaltigkeit bereits durchgeführter Projekte zu bewerten?
Anhand von 20 Beispielen nimmt der Autor eine kritische Bestandsaufnahme der Jahre 1980 bis 2005 vor, indem er die wichtigsten Fakten zur Bau- und Nutzungsgeschichte mit einer Befragung der wichtigsten Beteiligten verbindet. So lassen sich Rückschlüsse für die größte Herausforderung der Denkmalpflege zu Beginn des 21. Jahrhunderts ableiten: den langfristigen Erhalt ungenutzter Kirchengebäude. Auf der dem Textband beigefügten CD befindet sich die umfangreiche Dokumentation der Fallbeispiele. Auch die ausführlichen Interviews mit den alten und neuen Nutzern den Denkmalpflegern und Architekten können dort nachgelesen werden.

Wie immer die Eigentümer leerstehender Kirchen sich entscheiden mögen, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz stellt mit dieser Publikation die Ergebnisse der empirischen Untersuchung einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung und macht damit allen an einem solchen Umnutzungsprozess Beteiligten die notwendigen Sachinformationen zugänglich.

Am Ende bleibt aber die Hoffnung, dass die Eigentümer leerstehender Kirchen eine angemessenere Nutzungen finden als die Einrichtung eines Speiselokals, wo unter der ehemaligen Empore die Schnappsflaschen stehen oder man in einer Bank sein Geldvermögen zählt.
Einige andere Beispiele in diesem Buch, wie die Einrichtung von Bibliotheken, Kinderbetreuungszentren und andere, im weitesten Sinne die Kultur fördernde Nutzungen weisen in eine Richtung, die auch von besonders glaubensstarken Menschen akzeptiert werden könnte.
10.3.2009
Gabriele Klempert
Fisch, Rainer: Umnutzung von Kirchengebäuden in Deutschland. Eine kritische Bestandsaufnahme. 160 S., mit 1 CD. 27 x 20 cm. Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Bonn 2008. Gb EUR 24,50
ISBN 3-936942-95-1   [Monumente Verlag]
 
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