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Raffael und die Madonna

Raffaello Sanzio da Urbino (1483 – 1520), neben Leonardo da Vinci (1452 – 1519) und Michelangelo Buonarotti (1475 – 1564) der Jüngste des großen Dreigestirns der italienischen Hochrenaissance, hat sich Zeit seines (kurzen) Lebens intensiv mit dem Motiv „Maria mit dem Jesuskind“ beschäftigt und das Thema immer wieder bearbeitet. Denn Madonnenbilder waren seit dem späten 14. Jahrhundert in Italien besonders beliebt; entsprechend groß war die „künstlerische Produktion“.
Das Besondere an Raffaels Mariendarstellungen ist u.a. ihre Lebendigkeit, die Kindlichkeit seiner Knabenfiguren, die „luzide Originalität“ des Sujets, sowie seine Selbständigkeit in der Reflexion biblischer Erzählungen. Sein berühmtestes Madonnengemälde ist die „Sixtinische Madonna“ (1512/13), das Hochaltarbild, das Papst Julius II. für die Benediktinerkirche in Piacenza stiftete und das seit 1754 in Dresden hängt. Dieses Bild ist Mittelpunkt des vorliegenden Sammelbandes über Raffael als Madonnenmaler. Das Buch begleitet zudem eine Ausstellung in Dresden von Dezember 2020 bis Mai 2021.
In Einzelbeiträgen betrachten und analysieren die Autoren die Ikonographie und Genese von Raffaels Werk, auch vor dem Hintergrund der Entwicklung und Bedeutung von Madonnenbildern mit Kind in der italienischen Malerei des 15. Jahrhunderts und der Wirkung Michelangelos und Leonardos auf ihn. Ihre Themen sind seine „tiefe Gläubigkeit“, sein „souveräner Umgang mit dem Bildraum“, sein “Vermögen, Figurengruppen spannungsvoll und raumgreifend zu komponieren“, seine Bestrebung, „für jedes Werk nach einer eigenen Bildlösung“ zu suchen und es nicht, wie manche seiner Künstlerkollegen, aufgrund der großen Nachfrage mehrfach zu wiederholen. Die Aufsätze untersuchen die Besonderheit seiner Bildthemen, ihrer Gestaltung, Darstellungstechnik und Farbgebung – manchmal schein man als Leser dem Künstler beim Malen und Zeichnen geradezu über die Schulter schauen zu dürfen.
Hauptthema ist die „Sixtina“, ihre künstlerische Bedeutung, ihr theologischer Gehalt und ihre Rezeptionsgeschichte. Bekanntlich erfuhr das Altarbild seit dem 19. Jahrhundert „unter dem Einfluss der Aufklärung und Romantik“ ein „verändertes Kunstverständnis“ und folglich bis ins 20. Jahrhundert hinein unterschiedliche Interpretationen und Lesarten, etwa von Arthur Schopenhauer, Theodor Hetzer oder Martin Heidegger. So wird beispielsweise der Ausdruck Marias als „Beteiligte am Passions- und Erlösungsgeschehen“ oder „der Gesichtsausdruck des Jesuskindes“, „sein wissender, alles genau erfassender und verstehender Blick“, das Erkennen des „vorgegebenen Leidensweges“, als der eines „bemerkenswert reifen Knaben“ gedeutet.
Ergänzt werden die Aufsätze durch Beschreibungen und Interpretationen einzelner zeitgenössischer Bilder und Kunstwerke zum Thema aus Dresdner Sammlungen, u.a. von Botticelli, Mantegna und Tizian. Alle besprochenen Werke sind farbig wiedergegeben, einige ganzseitig, z.T. auch in Ausschnitten, viele allerdings in sehr kleinen Formaten, auf denen wichtige, im Text ausgesprochene Einzelheiten nicht bzw. kaum zu erkennen sind. Informativ : die knapp gefasste Biographie Raffaels und eine umfangreiche Bibliographie. Wünschenswert wäre zudem ein Namensregister für dieses interessante, anregende, thematisch vielfältige Buch über diesen „Ausnahmekünstler“ und sein “überragendes Werk“.

02.03.2021
Christa Chatrath
Raffael und die Madonna. Hrsg.: Koja, Stephan. Deutsch. 152 S. 99 fb. Abb. 25 x 20 cm. Hirmer Verlag, München 2021. EUR 29,90. CHF 36,80
ISBN 978-3-7774-3617-3
 
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