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Robert Lebeck – Face the Camera

Das Lächeln des Robert Lebeck

Adenauer empfängt Churchill, Ayatollah Khomeini im Pariser Exil, Jackie und ihre Schwester am Sarg des toten Robert Kennedy, Elvis als Soldat, der alternde Konrad Adenauer, Willy Brandt auf Wahlkampfreise, Alfred Hitchcock in Hamburg, Kriegsheimkehrer aus Russland und immer wieder Romy Schneider, die Beinahe-Geliebte des Fotografen. Robert Lebeck, der legendäre Fotoreporter des „Stern“, hat Geschichte geschrieben – genauso wie seine Bilder die Vergangenheit zurückrufen.
„Ein gutes Photo macht unsterblich“, hat Lebeck einmal gesagt. Das klingt pathetisch, aber der Fotograf stammt noch aus einer Zeit, in der es nichts Aufregenderes gab, als Fotojournalist zu sein. Das fotografische Zeitungs- und Magazinbild war eine Metapher für Wahrheit damals, heute abgelöst durch das so übermächtige Fernsehen – und im Zeitalter digitaler Bildmanipulation immer stärker in Zweifel gezogen.

In einem jetzt bei Steidl erschienenen neuen Buch hat Cordula Lebeck, die Frau des 2014 verstorbenen Fotografen, Bilder zusammengestellt, die Lebeck noch zu Lebzeiten unter dem Titel „Face the Camera“ angefangen hatte, zusammenzustellen. Die hier versammelten Porträts aus den 50er, 60er und 70er Jahren verbindet die direkte Beziehung zwischen dem Porträtierten und dem Fotograf im Augenblick der Aufnahme.

Lebeck hatte ein gewinnendes Lächeln. Er schaffte es, die Menschen, die er fotografierte, zu öffnen. Stets, so betont Cordula Lebeck, könne man in den Porträts ihres Mannes auch ihn selbst erkennen. In der Tat ist die Unbefangenheit, mit der sich die Menschen ihm zeigen, überraschend. Deutlich wird das etwa in einer Fotografie, die 1963 in Rom entstanden ist. Das Bild zeigt eine Großfamilie beim gemeinsamen Abendessen unter freiem Himmel auf einem Platz. Ein Tisch und ein paar Bänke – mehr braucht es nicht. Brot und Wein und einfache Speisen sind bereits aufgetischt. Wirklich faszinierend ist aber, wie unterschiedlich und wie individuell die Menschen auf die Kamera reagieren: Jeder der Gezeigten scheint binnen Sekunden eine ganz eigene, von den anderen so verschiedene Beziehung zu dem Fotografen aufgebaut zu haben. Ein Bild, das ungemein viel über die Menschen, über das Mensch-Sein, über die Möglichkeiten von Kommunikation die erzählt.

Ganz gleich an welchem Ort: Lebeck, dem großen Charismatiker, gelingen Bilder von Menschen so gut, weil er selbst ohne Befangenheit war. Lebeck, sagt seine Frau, sei mit einem Lächeln zur Welt gekommen – und die, die er fotografierte, sei es Woody Allen oder ein unbekannter alter spanischer Bauer, alle mussten zurücklächeln.

Und wie einfach scheinen viele dieser hervorragenden Porträts gemacht! Wie einfach scheint Lebecks fotografische Methode: Seine unverschlüsselte, direkte Schwarzweißfotografie meidet die allzu bemühte schöne Kunst genauso wie zu viel Inszenierung, gewagte Perspektiven oder Geschwätzigkeit. Im Zentrum stehen immer die handelnden Personen.

Die so besondere Erkenntnis dieses Buchs hat Kerstin Stremmel aber in dem letzten Satz ihres kurzen Essays formuliert: „Aus den fragenden, forschenden und flirtenden Blicken der Porträtierten ergibt sich auch das facettenreiche Porträt von Robert Lebeck.“ Der jetzt erschienene, von Cordula Beck zusammengestellte und gestaltete Band, zeichnet in hohem Maße auch das Bild des Fotografen. Ein ganz schlichtes, schön gestaltetes Buch – womöglich ein Fotobuch-Klassiker von morgen.

11.08.2016

Marc Peschke
Face the Camera. Lebeck, Robert. 208 S. 29 x 21 cm. Gb. Steidl Verlag, Göttingen 2016. EUR 28,00.
ISBN 978-3-95829-143-0
 
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