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Paul Dobe - Maler und Pflanzenzeichner

Was an Paul Dobes Arbeiten besonders auffällt, ist die systematische Herangehensweise. Paul Dobe (1880-1965) umkreist die heimische Pflanzenwelt auf naturwissenschaftlich-dokumentarische Weise, leitet Typen und Konstruktionsprinzipien ab und ist stets auf der Suche nach einem der Natur zugrundeliegenden Formgesetz.
Dobes Aufnahmen erschließen sich besonders beim genauen Hinsehen, sei es aufgrund der Erkenntnis einer grandiosen Geometrie, die uns die Natur gezaubert hat, oder das kleine Buschwindröschen, deren Gelb zwar in der Schwarz-weiß-Aufnahme nicht zum Leuchten kommt, aber dafür am Fuße einer knorrigen Eiche geborgen den Betrachter verzaubert.
Mit Akribie vermisst Dobe den Aufbau eines Tannenzapfens und erforscht den geometrischen Aufbau eines Weimutkiefern-Zapfens (oder auch Weymouthskiefer). Seine, aus diesen Photo-Arbeiten geschaffenen Schattenrisse und geometrischen Konstruktionen muten an, wie von einem modernen Designer geschaffen. Sie verblüffen den Betrachter ebenso, wie die Photographie eines Löwenzahns, den wir als Kinder so gern als geheimnisvolle „Pusteblume“ verehrten. Dobes Schattenriss einer Waldrebe dürfte jeden müden Morgenmuffel aufwecken, doch wurde er 1916 geschaffen, als ganz Europa brannte. Seine „Geometrische Konstruktion“ „Zweig I“ entstand 1944. Es sind nur wenige Striche, von denen man hofft, dass sie irgendwann wieder Blätter tragen werden.
Dobes Wolkenbilder lassen vermuten, dass der Künstler auch am Himmel nach einer „Geometrie“ suchte, doch werden wir heute Dobes „Abendwolken über der Sonne“ (1914) einfach nur in der Hoffnung genießen, dass die Welt einer Klimakatastrophe entrinnen kann. Eine Geometrie wird sich kaum offenbaren.
Die Photographien von Paul Dobe waren lange in Vergessenheit geraten, bis sie durch einen Zufallsfund wieder an die Öffentlichkeit gelangten. Verantwortlich hierfür ist der Kunsthistoriker Rainer Stamm, der ein teilphotographisches Konvolut aus Arbeiten Dobes zusammengetragen und als Dauerleihgabe der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur in Köln zur Verfügung gestellt hat. Ihm sei an dieser Stelle herzlichen Dank gesagt.
Denn die Arbeiten Paul Dobes rücken durchaus in die Nähe von wegweisenden Persönlichkeiten der Photographie-Geschichte wie Karl Blossfeldt, August Sander und Bernd und Hilla Becher – allesamt vertreten in den Beständen der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur.

19.10.2018
Gabriele Klempert
Der Maler und Pflanzenzeichner Paul Dobe (1880–1965). Kat. Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur. Hrsg.: Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur; Text: Schaffer, Jule; Stamm, Rainer. 96 S. 60 fb. Abb. 26 x 20 cm. Snoeck Verlag, Köln 2018. EUR 24,80.
ISBN 978-3-86442-238-6
 
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