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Helen Levitt

Raus auf die Straße, unter die Leute gehen.

Kaum eine Fotografin hat sich mit so einer Ausschließlichkeit einem bestimmten Ort gewidmet wie Helen Levitt. Die 1913 geborene und 2009 verstorbene Amerikanerin arbeitete stets in New York – fotografierte Straßenzüge in der Lower East Side, in der Bronx, in Harlem und Brooklyn. Bereits 1959 etabliert Helen Levitt die Farbe als künstlerisches Ausdrucksmittel – und zählt somit zu den frühesten und einflussreichsten Vertretern der amerikanischen „New Color Photography“.
Immer steht der Mensch im Mittelpunkt ihres Werks, das zum Bedeutendsten gehört, was die Street Photography hervorgebracht hat. Sie zeigt nur eines: Menschen in ihrer alltäglichen Interaktion. Eigentlich passiert in diesen Bilder gar nicht so viel: Menschen laufen über eine Straße, sehen sich an, sprechen miteinander, machen eine Lieferung, werkeln an etwas, begegnen sich, bleiben stehen. Es ist eine Poesie des Alltags, welche Levitts Schwarzweiß- und Farbfotografien bestimmt. Eine Poesie, die nicht zu verwechseln ist mit Sentimentalität: Stets stellt Levitt – die einem russisch-jüdischen Elternhaus aus Brooklyn entstammt – auch die Härten des Großstadtlebens, die Armut, deutlich aus.
Mitte der dreißiger Jahre beginnt Levitt zu fotografieren – mit Walker Evans teilte sie damals die Dunkelkammer. Schon 1943 zeigte das Museum Of Modern Art eine Einzelausstellung Levitts, deren Werk bei der documenta X im Jahr 1997 für die Kunstwelt wiederentdeckt wurde.
Levitts Bilder, darunter ungewöhnlich viele Kinder-Bildnisse, brauchen keine Worte: Sie alle lassen Augenblicke Gestalt werden – doch weisen auch weit über diese hinaus. „Antijournalismus“ hat die Fotografin ihren Stil gerne genannt, der deutlich der Spur folgt, die Henri Cartier-Bresson legte. 1935 lernte Levitt Cartier-Bresson kennen: „Mir gefiel, was er tat, deshalb wollte ich es genauso machen: raus auf die Straße, unter die Leute gehen.“
Zur aktuellen großen Retrospektive in der Wiener Albertina ist ein Buch erschienen, das rund 130 ihrer ikonischen Werke präsentiert. Einige der Bilder stammen aus Helen Levitts persönlichem Nachlass und werden hier zum ersten Mal öffentlich gezeigt.

03.02.2019
Marc Peschke
Helen Levitt. Hrsg.: Albertina, Wien; Beitr.: Forbes, Duncan; Beitr.: Rebhandl, Bert; Beitr.: Mahler, Astrid; Beitr.: Moser, Walter; Beitr.: Natlacen, Christina; Entwurf von Radde, Manuel. 256 S. fb. Abb. 28 x 22 cm. Kehrer Verlag, Heidelberg 2018. EUR 39,90.
ISBN 978-3-86828-876-6
 
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