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Gustavo Minas – Maximum Shadow Minimal Light

Das Fremde beginnt ganz in der NĂ€he.

Der brasilianische Fotograf Gustavo Minas schĂ€tzt die Extreme. Seiner Bilder sind sehr dunkel und sehr, sehr farbenfroh. Aus diesem nur scheinbaren Paradoxon macht er eine Kunst. Es sind vor allem Straßenszenen, die er fotografiert. Menschen in Bussen, gespiegelt in Schaufenstern, hinter Gardinen: Der Alltag ist sein Thema, aber vor allem die sonderbare Gegenseite davon: Das Geheimnis, der surreale Zauber.
Gustavo Minas‘ Lehrer war der Straßenfotograf Carlos Moreira aus SĂŁo Paulo, der seinen 1981 geborenen SchĂŒler mit dem Werk von Farbfotografen wie Harry Gruyaert oder Gueorgui Pinkhassov bekannt machte. „Ich wollte dieses Licht und diese Farben fĂŒr mich“, berichtet Minas – und gerade der Einfluss von Harry Gruyaert auf sein Werk ist groß.
Seinen Bildern, die in SĂŁo Paulo, in CĂĄssia oder Brasilia entstehen, ist die Lust an der Farbe, die Lust an der Fotografie selbst eingeschrieben. „Die Stadt faszinierte mich jeden Tag wie eine neue Freundin“, sagt Minas und fotografiert, was er sieht. Menschen natĂŒrlich. Mal nur eine Hand, die ins Bild ragt. Szenen in Restaurants. Aber selbst ein Tablett mit den Resten eines FrĂŒhstĂŒcks wird unter seiner fotografischen Ägide zu einem rĂ€tselhaften Kunstwerk.
„Mit leerem Verstand zu wandern, hat mich die Freude des Sehens gelehrt“, resĂŒmiert Minas seinen Ansatz – und diese Freude am Sehen, am Entdecken, am Finden schließlich strahlt durch diese oft so dunklen Bilder. Die Kunst, vermeintlich nichtige, „kleine“ Motive in Szenen bestechender, unwiderstehlicher, ja, spiritueller Schönheit zu verwandeln, verbindet Minas etwa auch mit dem Werk von Viviane Sassen, deren Werk sich in gleichem Maße als Lob des Schattens zu erkennen gibt. Effektvolle Kontraste, die starken, intensiven Farben und Schatten des spĂ€ten Nachmittags, die aber stets auch eine spielerische Leichtigkeit haben, die Phantasie, auch komplexe Licht- und Spiegelsituationen zu erfassen – aus all dem baut Minas seine Welt, die den Alltag zeigt, diesen aber souverĂ€n hinter sich zu lassen versteht.
Liebhabern der fotografischen Kunst des Flamen Harry Gruyaert, von Viviane Sassen oder auch des Moskauer Fotografen Gueorgui Pinkhassov sollte das nun bei Lammerhuber erschienene Buch mehr als gefallen, denn auch Minas lĂ€dt uns zu einer Entdeckungsreise in seine nĂ€chste Umgebung ein. Das Geheimnis, erzĂ€hlen seine Bilder, beginnt stets zwei Straßen weiter. Das Fremde ist ganz in der NĂ€he. AbgrĂŒndige Schönheit ist an der nĂ€chsten Straßenecke zu finden.
Exotik, gemacht aus Farben, Reflektionen, dem Spiel von Schatten, dem Reiz von Gesten, Physiognomien und urbaner Architektur – das ist das dĂŒster glĂ€nzende Werk von Gustavo Minas.

14.09.2019
Marc Peschke
MAXIMUM SHADOW MINIMAL LIGHT. Minas, Gustavo. Portugiesisch; Engl. Portug. 192 S. 95 Abb. Lammerhuber Verlag, Baden Österreich 2019. EUR 49,90.
ISBN 978-3-903101-47-0
 
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