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Hannah Höch: Album

Das schönste Fotobuch dieses Frühjahres ist gar keins. In betörenden Bildern vereint es Fotografien von Bloßfeldt, Moholy-Nagy und Renger-Patzsch, von Tina Modotti und Man Ray, Sasha Stone und Alfred Eisenstaedt, Helmar Lerski und Margaret Bourke-White. Doch das Buch, das die Bilder opulent und brillant gedruckt vereint, ist kein Ausstellungskatalog, keine Sammlungsdokumentation und keine Fotogeschichte: sondern Faksimile eines sinnlich-persönlichen ‚Scrapbook', eines Skizzenbuch einer neuen visuellen Epoche, angelegt von Hannah Höch (1889-1978) um 1933.
Die Pionierin von Dada und Fotocollage vereinte hierin gedruckte Fotografien, die sie in den populären Illustrierten, den Magazinen der Weimarer Jahre, fand: in den auflagenstarken Heften des "Uhu" und "Querschnitt", in dem "Magazin", der "Revue des Monats" oder der "Dame". Zum visuellen Fundus und Querschnitt durch die Epoche versammelte sie das ihr Augenfällige, zusammengeklebt in den (einzig) großformatigen Seiten von Exemplaren der "Dame". Aus den fotografischen ‚objets trouvés' ihrer Epoche collagierte sie mit beeindruckendem Blick nicht nur für Qualität, sondern auch für die visuelle Geschichten und Brücken, die sich zwischen den - meist sechs bis zehn - Einzelbildern einer Doppelseite entspannen können, zu Panoramen von eindringlicher visueller Präsenz. Was wir hier vor uns haben, ist Epochenspiegel, angewandte Fotorezeption und Höhepunkt der Möglichkeiten der Gattung Collage zugleich.
Einzelseiten dieses bislang lediglich als "Scrapbook" bezeichneten opus magnum Hannah Höchs waren in der Sekundärliteratur zu Leben und Werk der Künstlerin bereits publiziert worden, doch erst der vollständige Reprint zeigt die Kraft und Eigenständigkeit dieses anderen "Schnitts mit dem Küchenmesser" durch die Weimarer Republik; kongenial verbindet sich die Kraft des Gefundenen mit der gestaltenden Kraft der findenden und das Material neu arrangierenden Künstlerin. Wer fortan die Geschichte der Fotografie als Geschichte von gedruckten Bildern oder die Möglichkeiten der künstlerischen Collage oder schlicht eine visuelle Kulturgeschichte der Weimarer Republik in Händen halten will, der greife zu diesem Buch. Und wer eines der schönsten Fotobücher besitzen möchte, der auch.
Rainer Stamm
Hannah Höch. Album. Hrsg. Gundfa Luyken, Berlinische Galerie, Landesmuseum für moderne Kunst, Fotografie und Architektur, Text von Gunda Luyken. Dtsch., Engl., Franz., 132 S., 116 fb., Abb., 32 cm, Gb., Hatje Cantz, Ostfildern 2003. EUR 58,-
ISBN 3-7757-1427-8
 
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