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Paul Klee

Anlässlich der diesjährigen, gigantischen Ausstellung "Wassily Kandinsky und Paul Klee" im Zentrum Paul Klee, Bern, und dem Kunstbau der Städtischen Galerie Lenbachhaus, München, legt Christian Rümelin, Leiter der Grafischen Sammlung des Musée d art et d histoire in Genf, eine 2. überarbeitete Auflage des erstmals 2004 erschienenen Buchs vor. Damals hatte Rümelin das Paul-Klee-Werkverzeichnis abgeschlossen; ein Jahr später wurde das Zentrum Paul Klee gegründet.

Wer Kinder für Kunst interessieren will, zeigt ihnen am besten Arbeiten der Klassiker der Moderne; aber wahre Inspirationsquellen bilden Arbeiten von Paul Klee (1879-1940). Das heißt, dass sie sich auf spielerischer Ebene leicht erschließen; das ist auch kein Wunder, war Paul Klee ja schon als Kind ein fleißiger Maler. Einige seiner Kinderarbeiten (von großer Schwester Mathilde getreulich aufbewahrt) bestanden sogar vor seinem kritischen Erwachsenen-Auge und fanden Einzug in seinen Oeuvre-Katalog, den er seit 1911 führte. Kriterium für seine Kinderarbeiten als auch für die des Erwachsenen war eine gewisse künstlerische Selbständigkeit.

Rümelin zeigt verschiedene Seiten des Künstlers auf: dass er seine Arbeiten gut vermarkten konnte (hier ähnelt er Max Beckmann), dass er seine Werke katalogisierte und dass er mit Frau Lily und Sohn Felix eine "bürgerliche Biographie" hatte und von Boheme nicht viel hielt, jedenfalls nicht für sein eigenes Leben. Für Rümelin ist ein Höhepunkt in Paul Klees Werdegang die Beteiligung an "Der Blaue Reiter", mehr eine ideelle als eine tatsächliche Vereinigung, aber starker Impulsgeber für die zeitgenössische Kunst; ein zweiter seine Tätigkeit am Bauhaus in Weimar und Dessau; schließlich sein Exil in der Schweiz, sein Spätwerk und seine schwere Erkrankung, die schließlich zum Tode führte. Dass schon im Sommer 1920 eine große Retrospektive seiner Arbeiten in München mit insgesamt 371 Werken veranstaltet wurde, war ein großer Triumph für einen 40jährigen Künstler; im gleichen Jahr erhielt er einen Ruf von Walter Gropius ans Staatliche Bauhaus in Weimar. Dort zeigte er u.a. Interesse am abstrakten Film, ansonsten mochte er den Film nicht; Ausnahmen waren Filme mit Komikern wie Buster Keaton. Dass seine wunderbaren Guckkastenbilder mit den zauberhaft-verzauberten Wimmelfigürchen und den überschatteten und gegenläufig aufgesetzten geometrischen Formen, zu denen er durch Robert Delaunay gekommen war, zur "Entarteten Kunst" gezählt wurden, nimmt niemanden wunder: Dazu gehörte schließlich fast alles, was neu, nie dagewesen, mutig, intellektuell, verspielt und schön war.
Seine große Liebe zur Musik (sein Vater war Musiker, und seine Frau Lily ebenfalls) machten ihn zum Experten des Musiktheaters, führte auch zu originellen Federzeichnungen mit musikalischen Themen und etwa zu einem Titel wie "Glockentönin Bim" (1922).
Die große Zeit von Paul Klee und seinen Freunden Franz Marc, August Macke, Robert Delaunay, Alfred Kubin, Wassili Kandinsky liegt - man glaubt es kaum! - circa 100 Jahre zurück. Exakt hundert Jahre ist das Aquarell "Föhn im Marcschen Garten" alt, das in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus hängt. Es ist so neu, als sei es gerade von einem Designer entworfen: liegende und stehende weiße Rauten korrespondieren mit schwarzen und blauen Zacken, dazwischen ein blutrotes Viereck, rosa und mattweiße Quadrate übereinander gesetzt wie Bausteine - alles liebevoll und wie von leichter spielerischer Hand auf Papier gebracht. Klar erkennbar ist die Wetterstimmung, der Garten, ein Haus, der Himmel und doch so verträumt unwirklich, als entdeckte gerade ein Kind die Farben in seinem Malkasten.

12.08.2015
Daniela Maria Ziegler
Paul Klee. Leben und Werk. Becksche Reihe (2500). Rümelin, Christian. 128 S. 22 meist fb. Abb. 18 x 12 cm. Pb. C.H. Beck Verlag, München 2015. EUR 8,95 CHF 14,50
ISBN 978-3-406-68373-2   [C. H. Beck]
 
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