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Das junge Rheinland – „Zu schön, um wahr zu sein“

Zurzeit jagt ein Jubiläum das nächste: Jährte sich im November 2018 die Gründung der Künstlervereinigung „Novembergruppe“ zum hundertsten Mal, folgt in diesem Jahr das große Jubiläum der Bauhaus-Gründung im April, das bundesweit zelebriert wird. Auch im Rheinland kam es noch im ersten Jahr der Weimarer Republik – am 24. Februar 1919 – zur Gründung einer bedeutenden Künstlervereinigung: „Das junge Rheinland“ – ein lockerer Zusammenschluss von zeitweise über 400 Künstlerinnen und Künstlern aus dem Düsseldorfer Raum, denen bis zur Auflösung 1933 der Glauben an die junge Kunst gemeinsam war. Wie bei der Novembergruppe gab es auch hier keinen Einheits-Stil, keine Genre-Beschränkung, sondern neben der bildenden Kunst waren u.a. auch Architektur und Dichtkunst vertreten. Namhafte Händler und Kunsthistoriker kreisten um diesen illustren Verein, zu dessen prominentesten Mitgliedern Otto Dix und Max Ernst zählten. Letzterer – verantwortlich für den Titel des Bandes – hat den gemeinsamen „Durst nach Leben, Poesie, nach Freiheit, dem Abso¬luten, nach Wissen“ rückblickend als „zu schön, um wahr zu sein“ beschrieben.

Das Katalogbuch erscheint begleitend zur gleichnamigen Ausstellung im Düsseldorfer Museum Kunstpalast. Das ist insofern wichtig, als dass die Herausgeber – und in Personalunion die Kuratoren der Schau – Kay Heymer und Daniel Cremer nicht den Anspruch einer neuen Enzyklopädie (der 1985 erschienene Band von Ulrich Krempel bleibt das materialreichere Standardwerk) zur Künstlervereinigung für sich erheben, sondern das Jubiläum zum Anlass nehmen, die Erinnerung an die Gruppe wach zu halten, neue Forschung zu präsentieren (die Ergebnisse eines von der Gerda Henkel Stiftung geförderten Forschungsprojekts der Heinrich Heine Universität und des Kunstpalasts sind in die Ausstellung eingeflossen) und hierbei Schlaglichter auf einzelne Künstlerpersönlichkeiten werfen.

Auf das Vorwort von Felix Krämer folgt eine Einleitung von Kay Heymer sowie eine hilfreiche Chronologie der Ereignisse von Daniel Cremer. Diese setzt bereits 1918 vor der eigentlichen Vereinsgründung ein und reicht bis in das Jahr 1938 als Höhepunkt des nationalsozialistischen Bildersturms, der auch vor Düsseldorfer Sammlungen keinen Halt machte. Textbeiträge zu bekannten und weniger bekannten Mitgliedern des Vereins geben ein abwechslungsreiches Kondensat rheinischer Kunstaktivitäten: Heinrich Nauen, Adolf Uzarski, Gert H. Wollheim, Otto Dix, Karl Schwesig, Walter von Wecus, Wilhelm Kreis, Marta Worringer, Lotte B. Prechner, Carl Lauterbach und Erwin Wendt werden in Aufsätzen mit zahlreichen Abbildungen von sehr guter Qualität vorgestellt. Auf die üblichen Verzeichnisse (ausgestellte Werke usw.) folgt auch ein Personenregister, das selbst die Tänzerin und Schauspielerin Hilde Schewior als Dargestellte auf einem Gruppenbildnis identifiziert und somit über Textnennungen hinausgeht. Ein qualitätsvolles Lektorat und der Verzicht auf sprachliche Gender-Moden, lassen den gestalterisch übersichtlich gearbeiteten Katalog zu einem empfehlenswerten Jubiläumsband werden, der Lust auf die Ausstellung macht, die noch bis zum 2. Juni 2019 in Düsseldorf zu sehen ist.

03.4.2019
Gloria Köpnick
Das junge Rheinland. Zu schön, um wahr zu sein. Katalog zur Ausstellung im Kunstpalast Düsseldorf 2019. Hrsg.: Heymer, Kay; Cremer, Daniel; Beitr.: Cremer, Daniel; Heymer, Kay; Kracht, Isgard; Rodler, Anne; Ullner, Jens-Henning; von Hülsen-Esch, Andrea; Wurzbacher, Carolin. 240 S. 230 fb. Abb. 24 x 29 cm. Gb. Wienand Verlag, Köln 2019. EUR 39,80. CHF 48,60
ISBN 978-3-86832-504-1
 
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