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Kulturraub

Langsam wird der jahrzehntelange Kulturraub auch als „Raub“ wahrgenommen. Das wird Zeit! Und Gott sei Dank wurden die ersten geraubten Begin-Statuen an Nigeria zurückgegeben. Das ist nur ein Anfang.

Schon vor 50 Jahren kämpfte Afrika um seine Kunst, die während der Kolonialzeit massenweise in europäische Museen gelangt war. Und es fand durchaus Unterstützung im Westen. Am Ende jedoch war der Kampf nicht nur vergebens, er wurde auch erfolgreich vergessen gemacht. Auf der Grundlage von unzähligen unbekannten Quellen aus Europa und Afrika erzählt Bénédicte Savoy die gespenstische Geschichte einer verpassten Chance, einer Niederlage, die heute mit umso größerer Wucht auf uns zurückschlägt.

Afrikas Bemühungen um seine in der Kolonialzeit nach Europa verbrachte Kunst sind keineswegs neu. Schon bald nach 1960, als 18 ehemalige Kolonien die Unabhängigkeit erlangten, wurde von afrikanischen Intellektuellen, Politikern und Museumsleuten eine ungeheure Dynamik in Gang gesetzt. In ganz Europa suchten daraufhin Politikerinnen und Politiker, Journalisten, Akademiker und einige Musemsleute einen Weg, afrikanische Kulturgüter im Sinne einer postkolonialen und postrassistischen Solidarität zurückzugeben. Die Argumente aber, mit denen andere versuchten, die Forderungen aus Afrika zu entkräften und Lösungen zu verhindern, ähneln auf frappierende Weise denen von heute. Schließlich verlief alles im Sand. Bénédicte Savoy verfolgt den postkolonialen Aufbruch und sein Ersticken und fragt, welche Akteure, Strukturen und Ideologien damals dafür sorgten, dass das Projekt einer geordneten, fairen Rückgabe von Kulturgütern traurig scheiterte.

Über einen weiteren Kulturraub, d.h. illegale Ausgrabungen, Raub und gezielten Diebstahl sowie Kriegszerstörungen, über Verluste und Verheerungen im Vorderen Orient berichten Anhand von 32 Fallbeispielen in einem weiteren Buch Museums- und Antikendienstverantwortliche sowie Aktivisten des Kulturgutschutzes aus Syrien, dem Irak, Jemen, Ägypten und Libyen über die konkrete Situation des massiv bedrohten kulturellen Erbes ihrer Heimat. Vorher–nachher–Vergleiche, ergänzt durch aktuelle Forschungsergebnisse, verdeutlichen die Dimension dieser Verluste für die dortigen Gesellschaften und letztlich – als Welterbe – für uns alle.

Der Raub von Kunst scheint schon lange auch in der westlichen Kultur lukrativ zu sein. Die spektakulärsten Kunstdiebstähle der Geschichte hat Susanne Partsch aufgenommen.
Ihre durchaus locker zu lesenden Beschreibungen vom Diebstahl der Mona Lisa 1911 bis zum Juwelenraub im Grünen Gewölbe 2019 beschreiben unglaublich dreiste Geschichten.
Susanna Partsch hat die spektakulärsten Kunstdiebstähle ausgewählt und erzählt von gewieften Mafia-Clans, als Polizisten verkleideten Tätern, findigen Kunstdetektiven, zerschnittenen Gemälden, besessenen Kunstliebhabern und Lösegeldforderungen in Millionenhöhe.

Hoffen wir, dass Kultzerstörungen und Räubereien und der kriminelle Zwischenhandel ein Ende finden. Die Museen werden zunehmend besser gesichert aber Kriege und möglicherweise auch Klimakatastrophen scheinen das historische Kulturgut weiterhin zu gefährden.

Erinnert werden kann und muss inzwischen aber auch daran, dass z. B. Künstler aus indigenen Kulturen um ihre Urheberrechte gebracht werden, indem z. B. ihre für Textilien benutzten künstlerischen bzw. Design-Motive ohne Einwilligung ihrer Urheber schamlos abgekupfert werden von „westlichen“ Modefabriken. Auch hier muss das Kulturraub-Wesen bekämpft werden. Einige dieser Künstler haben jetzt in Südamerika angefangen, ihre Rechte einzuklagen -- weiter so!


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Kulturraub — Fallbeispiele aus Syrien, Irak, Jemen, Ägypten und Libyen. Hrsg.: Hemeier, Birthe; Sabrine, Isber. Deutsch. 330 S. 485 Abb., 1 Diagramm, 7 Karten. 26 x 19 cm. D. Reimer Verlag, Berlin 2021 EUR 29,00. ISBN 978-3-496-01669-4

Wer klaute die Mona Lisa? Die berühmtesten Kunstdiebstähle der Welt. Partsch, Susanna. 240 S. 18 Abb. 19 x 12 cm. Br. H.C. Beck Verlag, München 2021. EUR 14,95. ISBN 978-3-406-77685-4 Beck

03.12.2021
Gabriele Klempert
Afrikas Kampf um seine Kunst. Ein historisches Lehrstück von unheimlicher Aktualität. Geschichte einer postkolonialen Niederlage. Savoy, Bénédicte. 256 S., 16 Abb. 22 x 14 cm. Gb. C.H. Beck Verlag, München 2021. EUR 24,00
ISBN 978-3-406-76696-1   [C. H. Beck]
 
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