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Mondrian and Photography

Mondrian and Photography

Seit der einfachen technischen Verfügbarkeit der Fotografie – spätestens seit dem Versprechen „You press the button – we do the rest“ der Firma Kodak gegen Ende des 19. Jahrhunderts – konnte sich kein kreativ Schaffender mehr den Verheißungen des Mediums entziehen. Von zahllosen Malern und Bildhauern der klassischen Moderne gibt es daher ein paralleles, fotografisches Oeuvre: Ernst Ludwig Kirchner, Constantin Brancusi, Andy Warhol oder Cy Twombly etwa haben ein fotografisches Werk hinterlassen, das längst in Buchform greifbar ist. Monografische Studien gibt es darüber hinaus über „Munch und die Photographie (1991), „Franz von Stuck und die Photographie“ (1996) oder über „Picasso und die Photographie“ (1997). Nun reiht sich die voluminöse Neuerscheinung „Mondrian and Photography“ in die Kanonbildung kongenialer fotografischer Werkrepräsentation ein.
Ein Novum und faszinierender Sonderfall ist dabei der Anspruch der Herausgeber auf enzyklopädische Vollständigkeit. Erstmals will ein Band das gesamte Feld der Beziehungen eines Künstlers zur Fotografie ausloten: Ein Katalog mit über 400 Einträgen hat den Anspruch, sämtliche bislang bekannte Fotografien vorzustellen, die den niederländischen de Stijl-Pionier zeigen, sich in seinem Nachlass befanden, seine Ateliers dokumentieren oder als Illustrationen zu Leben und Werk des Künstlers dienten. Der Band wird dadurch zu einer exemplarischen Fotogeschichte durch unterschiedlichste Anwendungsfelder, Techniken und künstlerische Stile des Mediums: von den privaten Familienbildnissen bis zu den kongenialen Umsetzungen der Bildsprache Mondrians durch die Avantgarde-Fotografen von Paris, aus den Niederlanden oder in den USA. Die berühmten Aufnahmen von Mondrians Pariser Ateliers von André Kertész gehören ebenso dazu wie Aufnahmen der Künstlerfreunde Hannah Höch, Theo van Doesburg und Kurt Schwitters oder die Inszenierungen des Malers durch die ikonischen Porträtfotografien Arnold Newmans.
Auch wenn Mondrian – im Gegensatz zu Brancusi, Kirchner oder Twombly – sich offenbar kaum selbst des fotografischen Apparats bedient hat, führt der opulent ausgestattete Band an einer ikonischen Position und Persönlichkeit der klassischen Avantgarde vor, welchen Beitrag die Fotografie am bis heute anhaltenden „Image“ des Künstlers und seines Werks hat.
Dem Leben und Werk des Künstlers anhand der ihn und sein Werk vorführenden Fotografien aus sieben Jahrzehnten – und dabei dem „becoming of an artist“ – zu folgen, ist ein ästhetischer Genuss und ein faszinierender Spaziergang durch die Avantgarde.

02.04.2023
Rainer Stamm
Mondrian and Photography. Picturing the Artist and His Work. Hrsg.: Coppes, Wietse; Jansen, Leo; Beitr.: Stolwijk, Chris. Englisch. 368 S. 400 Abb.. 27 x 24 cm. Hatje-Cantz Verlag, Berlin 2023 EUR 58,00. CHF 67,00
ISBN 978-3-7757-5400-2
 
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