|
|
[zurück] |
Ich, Lovis Corinth. Die Selbstbildnisse. |
Kaum ein Künstler hat sich so intensiv selbst beobachtet wie Lovis Corinth (1858-1925). Der Vergleich mit Rembrandt hätte dem vor Selbstbewusstsein strotzenden Maler wohl nicht geschmeichelt, er hätte ihn als angemessen erachtet. Umso erstaunlicher ist es angesichts der umfangreichen Literatur zu Corinth, dass es noch keine Ausstellung und kein Buch zu seinen Selbstbildnissen gab. Die Hamburger Kunsthalle schloss zu Beginn des Jahres 2005 diese Lücke und das hierzu erschienene Buch ist mehr als ein Ausstellungskatalog, es dokumentiert diesen Aspekt des Werkes auf gelungene Art und Weise. Corinth war sich immer sicher, ein berühmter Künstler zu werden und übte von der Studienzeit an die Posen des Malerfürsten, obwohl er gerade gegen Zeitgenossen wie Franz von Lenbach mit seiner Kunst antreten wollte. Zeigt das "Selbstbildnis mit Skelett" von 1896 den ebenso selbstkritischen wie selbstbewussten und vor Lebensfülle strotzenden Künstler neben dem Vanitas-Symbol, so führt das Durchblättern des Buches eindrucksvoll vor Augen, wie gnadenlos ehrlich Corinth bei aller Selbststilisierung, die Stadien seines Lebens beobachtete. Der Stolz auf seine junge Frau Charlotte Berend wird abgelöst von der Beobachtung der Folgen des extensiven Alkoholmissbrauchs. Der Schlaganfall von 1911 erweist sich als einschneidender Wendpunkt in Corinths Werk. Nicht, dass der Maler durch die zeitweise Lähmung der Malhand beeinträchtigt worden wäre. Die Mehrzahl der Bilder zeigt nun einen Menschen, der sich zunehmend seiner Vergänglichkeit bewusst ist, auch wenn er zu Beginn noch in der Verkleidung des stolzen Ritters vor die Staffelei trat. In den letzten Lebensjahren sieht man den immer noch vital schaffenden Künstler als Mensch doch zunehmend verfallen. Die letzten Selbstbildnisse vor dem Tod sind erschütternde Reflexionen des nahenden Todes. In der strikt chronologischen Anordnung der Abbildungen spult sich das Malerleben vor dem Auge des Betrachters wie ein Daumenkino ab. Gemälde, Zeichnungen, Radierungen und Photographien wechseln dabei bunt; so wird zudem deutlich, dass der Wechsel der Medien für Corinths Werk charakteristisch ist. Eine Reihe von Aufsätzen verortet die Selbstbildnisse im Gesamtwerk und in der Kunstgeschichte.
|
Andreas Strobl |
Corinth,Lovis: Ich, Lovis Corinth: Die Selbstbildnisse. Katalog zur Ausstellung Hamburg 2004/2005. GB, Hatje Cantz, Ostfildern 2005. EUR 34,- |
ISBN 3-7757-1570-3
|
|
|
|
|
|