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Bildanschauung Thomas Huber

Wenn es für Künstler Thomas Huber in den frühen 80er Jahren nicht den sehr starken Wunsch gegeben hätte, der Ort des Bildes, seine Wahrheiten, Funktionen, Kontexte und Reden zu entdecken – der Künstler hätte seit dieser Zeit nie ein derartig umfangreiches Lebenswerk erfinden, inszenieren und realisieren können. Der 1955 geborene und konzeptuell arbeitende Maler gehört seit mehr als drei Jahrzehnten zu einer Künstlergeneration, die durchaus traditionsbewusst die Möglichkeiten des gemalten Bildes mit der Reflexion eines sich in Kunst verwandelnden Lebens zu synthetisieren wissen. Schon 1985 heißt es in einer zeitgenössischen Kritik: „Thomas Huber denkt mit den Mitteln der Malerei über Malerei nach“. (Stephan Schmidt-Wulffen).

Beate Klompmaker, die viele Jahre das Werkverzeichnis Thomas Hubers betreute, legt nun mit „Bildanschauung Thomas Huber – Rede in der Schule" eine mustergültige Analyse eines frühen bedeutenden Werkkomplexes des Künstlers vor. Die Autorin geht dabei mit einer großen Sachkenntnis aber auch mit einer fast minimalistischen Zurückhaltung vor, was die tiefere Interpretation von Hubers Bilder betrifft. Auffällig ist ihre sehr strenge, weithin formale Analyse der selbst-reflektierenden Strukturen von und in Hubers Bildern, dessen hochgradig konzeptueller Intentionen nicht ausschließen, dass in ihnen biographische Muster und Strukturen zur Sprache gebracht werden können. Huber hat dafür u.a. sehr früh ein einzigartiges Kunstformat entwickelt, mit dem er in den 90 er Jahren quasi auf Tournee durch die Kunstwelt ging: die Kunstrede: eine hochgradig kunstvoll formalisierte Rede nicht über, sondern mit den selbst erzeugten Mitteln seiner Malerei. So wie der frühe Kunstredner Thomas Huber sich wie eine lebende Stiftfigur seiner selbst in die Kunstwelt einbrachte und einbringt, so erscheint in Hubers Bilderwelten immer auch eine Sphäre, die im Bild angedeutet und erst mit der Bildwahrnehmung reflektiert wird: der Raum des Publikums, die fiktive Stelle, an der das Gegenüber des Künstlers an den Ideen des Urhebers teilnehmen kann. Was in der heutigen Kunst unter dem Schlagwort Partizipation permanent und offensiv daherkommt, ist im Werk Thomas Hubers auf eine stille und implizite Weise gleichsam mitgedacht. Klompmakers Studie demonstriert in ihrem äußerst sorgfältigen Zugriff auf Hubers Werkserie wie eng heute das konzeptuelle Handeln des Künstlers, die Transformationen zwischen Leben und Werk und Anteilnahme einer schreibenden Autorin. Diese beschränkt sich klugerweise auf eine äußerst präzise Rekonstruktion der biographischen und konzeptuellen „Hintergründe", die im Bild, ihren Leerstellen, gegenständlichen Anspielungen, Verweisungen und Redeweisen erscheinen und sich kaum aggressiv in den Vordergrund spielen. Als Leser wünscht man sich eine Fortsetzung, in der vielleicht eine spätere Transformation dieses Bildhandelns zur Sprache kommen könnte. In diesem denkbaren Folgeband würde das Publikum auch gerne erfahren, wie sich die offenbar sehr bewusste Orientierung des Künstlers an Themen und Vorgaben der Bild- und Kunstgeschichte (zum Beispiel das „Familienbildnis, das Gesicht“, die „Alchemie“, die „Ausstellung“ etc.) zum jetzt herrschenden Zeitgeist der Gegenwart verhält –- oder eben auch gerade bewusst auf Distanz zu dessen Zumutungen geht ... .

04.08.2021
Michael Kröger
Bildanschauung Thomas Huber. "Rede in der Schule". Archivstudie und Handbuch zur Bildtrilogie (1982-1984). Klompmaker, Beate. 410 S. 80 Abb. 21 x 15 cm, Pb. trafo Wissenschaftsverlag, Berlin 2021. EUR 49,80
ISBN 978-3-86464-087-2
 
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