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Freiheit? Eugène Delacroix, die Revolution von 1830 und die Politik der Bilder. |
Delacroix´ Bild "Die Freiheit führt das Volk" (1830) ist nicht nur eine Ikone der französischen Historienmalerei des 19. Jahrhundert - sie passt geradezu perfekt in unsere Zeit politischer Umbrüche, in der es um politische Werte wie Kunst- und Meinungsfreiheit und ethische Werte wie Respekt; Identität und Nachhaltigkeit geht. Der junge und renommierte Kunsthistoriker Johannes Grave unternimmt auf nur 160 Seiten umfassende eine Tour d`Horizont durch die inzwischen weit verzweigte Werk- und Rezeptionsgeschichte dieses Bildes, das es durch zahllose Reproduktionen und Spezialuntersuchungen geschafft hat sich in das kollektive Bildgedächtnis einzubrennen.
Graves gut lesbarer Text geht natürlich über das Referieren des riesigen Forschungsstandes zu dieser Bildikone deutlich hinaus. So fragt er etwa gleich zu Anfang wie die ambivalente Position des Künstlers (für oder gegen die Revolution um 1830) gegenüber der historischen Wirklichkeit im Bild bestimmbar ist und welche Rolle gerade wir heutigen Betrachterinnen in diesem Interpretationsspiel einnehmen können oder gar müssen. "Delacroix` Gemälde stellt die Freiheit unmissverständlich ins Zentrum, es lässt aber offen, welche und wessen Freiheit verteidigt oder erkämpft wird." Mit dieser zentralen These formuliert der Autor gleich zu Beginn sein Interesse an der Bildinterpretation - und nimmt uns sozusagen mit auf die Reise seiner Erkenntnisse und Entdeckungen. Auf diese Weise gelingt es dem Autor die politische Umbruchzeit der Pariser Julirevolution um 1830 zu deuten und stellt schließlich im Kapitel "Ambivalenzen der Freiheiten" die historischen Wandlungsprozesse um den damals aktuellen, zutiefst ambivalenten Freiheitsbegriff zur Diskussion. Delacroix` komplexes Freiheits-Bild "kann weder als uneingeschränkte Verherrlichung der Revolution noch als deren entschiedene Kritik gelten." (S. 102) Mit diesem knappen aber präzisen Resumée thematisiert Grave unmissverständlich auch die aktuelle politische bekanntlich Gegenwart, in der neue soziale Medien zunächst einen Zuwachs an Freiheiten versprachen, die sich heute immer mehr als Einschränkungen, wenn nicht gar als genaues Gegenteil von bisherigen Freiheitskonzepten erweisen. Als Fazit: Eine ebenso spannend erzählte wie auch sorgfältig argumentierende (kunst-)historisch-kritische Studie zu einer außergewöhnlichen Bildikone und deren immer noch neu erzählbaren Ideen von Freiheiten .....
01.03.2025 |
Michael Kröger |
Freiheit? Eugène Delacroix, die Revolution von 1830 und die Politik der Bilder. Grave, Johannes. Hrsg.: Grave, Johannes; Schneider, Sabine. 160 S. 51 z.T. fb. Abb. 22,2 x 14 cm. Wallstein Verlag, Göttingen 2024. EUR 24,00. |
ISBN 978-3-8353-5673-3
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