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August Schmietenknop – Vom Schriftsetzer zum Schriftkünstler

2017 gelangte der umfangreiche Nachlass August Schmietenknops, der 1897 in Oldenburg geboren wurde, als Schenkung in die Sammlungen des Oldenburger Stadtmuseums. Anlässlich dessen wurde eine Kabinettausstellung in einem entlegenen Gebäudeabschnitt des Stadtmuseums arrangiert, die, wie Jesco von Moorhausen im Oldenburger Stadtmagazin berichtete, „im Kreise der Familie und ihrer Freunde“ eröffnet wurde, und es erschien der vorliegende Band über den Gebrauchsgraphiker, Schriftsetzermeister und Buchdruckereibesitzer im Oldenburger Isensee Verlag.
Dem Vorwort der Herausgeberin Lioba Meyer, Historikerin und inzwischen ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin am Stadtmuseum, folgt ein von Margot Rickers, Tochter des Graphikers, verfasster, biografischer mit persönlichen Erinnerungen gespickter Text. Die chronologische Erzählung startet mit den Vorfahren in Wardenburg und informiert über Schmietenknops Kindheit in Eversten, Berufsausbildung, Frontdienst, berufliche Tätigkeiten u.a. für die Oldenburger Druckerei Stalling, Lehraufträge an der Städtischen Gewerblichen Schule und dem Oldenburger Werkhaus, Dresdner Jahre und die Rückkehr – nun verheiratet – nach Oldenburg. Die Kapitel über Familiengründung, die Zeit des Nationalsozialismus, Befreiung und Nachkriegsjahre münden im frühen Tod August Schmietenknops 1948. Dem Textteil sind eine Quellenübersicht, ein tabellarischer Lebenslauf sowie eine Literaturauswahl angeschlossen. Das Werkverzeichnis verdeutlicht, dass Schmietenknop seinerzeit ein gefragter Gestalter gewesen ist, auf konkrete Werkangaben (Datierungen, Technik- oder Größenangaben usw.) wird allerdings verzichtet.
Der Isensee-Verlag hat gute Arbeit geleistet, auch wenn sich eine Logik für die unterschiedlichen Schriftfarben nicht erschließen lassen will. Die übersichtlich gestaltete Publikation ist reich, vielleicht zu reich bebildert, wobei die Verfasserin aus dem Familienarchiv, das u.a. Dokumente, Fotografien, Skizzen und Entwürfe enthält, schöpfen kann und dieses gewissenhaft zu erfassen versucht. Wertschätzung darf man dieser Publikation vor allem deshalb entgegenbringen, weil es die erste monographische Veröffentlichung über den Gebrauchsgraphiker ist und damit eine inhaltliche Lücke geschlossen wird. Wissenschaftlich ist sie jedoch nur bedingt zu verwenden. Beispielsweise wird das Potential des abgebildeten Materials nur unzureichend ausgeschöpft: Den über 95 Abbildungen fehlt ein erläuterndes Verzeichnis; Originalentwürfe bleiben ohne Angaben zum Künstler (ist es immer AS?) und Entstehungszeitraum, ohne Technik- oder Größenangaben. Der Umschlagtext kündigt zwar an, dass Schmietenknops Spezialität die Typographie gewesen sei, doch der Band macht deutlich – leider verzichten Autorin und Herausgeberin auf eine (kunst-)historische Kontextualisierung der graphischen Entwürfe –, dass damit keineswegs eine moderne Schriftgestaltung gemeint ist. Ein anschauliches Beispiel ist hier seine in Fraktur gehaltene Ausstellungsbeschriftung für den Stand der „Öffentlichen Lebensversicherungsanstalt Oldenburg“ (S. 76, Abb. 54; eine Datierung fehlt leider, aber die Karte im Hintergrund verweist auf die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg), die den modernen Stahlrohrmöbeln des Ausstellungsstands diametral entgegensteht. Schmietenknops Arbeiten stehen für eine konservative Gestaltung, die sich auch noch (oder wieder) im Nationalsozialismus größter Beliebtheit erfreute. Das von der Autorin und ihrer Schwester selbst finanzierte Buch bleibt insofern leider die huldigende Hommage einer Tochter an ihren jung verstorbenen Vater.

02.11.2018
Kora G. Polock
August Schmietenknop. Vom Schriftsetzer zum Schriftkünstler. August Schmietenknop 1897-1948. Hrsg.: Meyer, Lioba. 168 S. z. T. fb. Abb. Gb. Isensee Verlag, Oldenburg 2017. EUR 16,80.
Zu beziehen im Oldenburger Stadtmuseum, Bd. 80
ISBN 978-3-7308-1382-9
 
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