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Etruskische Kunst und die Nekropolen von Ostia

In der CD-ROM-Reihe "Kunstwerke Europas und der Welt“ ist ein multimedialer Führer durch die Nekropolen von Cerveteri und Tarquinia, andere Ausgrabungsorte und museale Sammlungen etruskischer Kunst erschienen. Zwar kann man sich mit dieser CD einen Ãœberblick über das künstlerische Schaffen und den Totenkult der Etrusker durch Bildmaterial und einfache Texte verschaffen, aber die Programmierung ist denkbar einfach und wirkt nicht besonders professionell, zumal sie nicht zuverlässig funktioniert. Etwas passt sich bei kleinen Bildschirmen das Layout icht an, sondern übernschneidet Schriften und Abbildungen. Und weshalb Multimedialität bedeutet, dass während des Vorspanns und beim Aufbau der Seite christliche Choräle ertönen, ist unverständlich.
Die Einstiegsseite zeigt eine Karte Italiens mit etruskischen Orten, klickt man diese an, soll ein Menu erscheinen, in dem mit Text oder Ton die Bilder kommentiert werden. Diese Funktion lief auf Windows95 allerdings nicht, sodass die an sich schon mageren Informationen zu Grabräumen oder Malereien entfielen. Daneben findet man eine Art Frameleiste mit Begriffen wie Geschichte, Kunstgeschichte, Bauwerke, Museen, Diashow, die verlinkt sind zu weiterführenden Texten. So findet sich unter „Geschichte“ ein etwa 2-seitiger Text über die Historie, unter Kunstgeschichte ein Glossar und etliche Seiten zu den Kunstgattungen. Bauwerke und Museen werden nach Orten aufgeführt.
Da birgt ein Buch und wahrhaftes Standardwerk wie die Dissertation von Michael Heinzelmann über die Nekropolen von Ostia mehr Informationen und neueste Forschungsergebnisse zu den Gräberstraßen vor der Porta Romana und an der Via Laurentiana“ in der Zeit zwischen dem 2. Jh. v. Chr. bis 3. Jh. n. Chr. Vor dem Katalog der Grabbauten findet man im Hauptteil eine Auswertung und Zusammenfassung der entwicklungsgeschichtlich orientierten Untersuchung der bislang nur ungenügend erforschten und veröffentlichten Nekropolen. Hier werden die topografische Bebauungsgeschichte und die soziologische Struktur der Nekropolen und ihr Wandel, etwa an Inschrifttafeln dargestellt. Grabbeigaben und Bestattungsformen werden analysiert, sowie die Entwicklung der Grabtypologie ausgebreitet und der Autor unternimmt Ausblicke auf die späte Republik und die Kaiserzeit sowie auf andere Gräberstraßen Roms und Italiens. Mit diesen Vergleichen stieß er, wegen fehlender Publikationen zugegebenermaßen auch an Grenzen, greift aber auf die von ihm als vorbildlich betrachtete Arbeit von V. Kockel über die gut erhaltene Nekropole vor dem Herkulaner Tor in Pompeji zurück.
Zusätzliche Aspekte wie die Entwicklung des Straßennetzes und die damit einhergehenden Veränderungen des Geländeniveaus ergänzen das Bild und die Schlüssigkeit, wenn es um Datierungen geht. Traurig stimmen hingegen lückenhafte Dokumentationen der Grabungen sowie der Fundorte von Gegenständen, bedenkliche Restaurierungstechniken, der Verfall ausgegrabener Felder, oder der Verschluss ganzer Bebauungen sowie räuberische Zerstörungen. Eine These Heinzelmann betrifft das Grab als locus amoenus, wonach die gleichzeitig entstehende Wohnhausarchitektur seit der frühkaiserlichen Zeit die Gestaltung der Grabanlagen beeinflußte. Das Grab konnte nun auch Gartenanlage oder dekorative Bezüge zum Garten etwa durch Darstellungen idyllischer Landschaften oder dionysischer Motive erhalten.
Das Buch ist ausgestattet mit kleineren Plänen einzelner Grabungsabschnitte und -kampagnen, mit 6 herausnehmbaren Plänen und Schnitte der Gesamtanlagen, älteren Fotografien über Grabungsfelder, Panoramen, Luft- und Detailaufnahmen. Wer sich für dieses Thema interessiert, muß Heinzelmanns Opus haben.
Wer sich lieber der nicht mehr ganz aktuellen, aber dafür literarischen Aufbereitung dieses Themas annehmen mag, dem sei die Reisebeschreibung von David H. Lawrence empfohlen, seine Eindrücke von der Kunst der Etrusker, seine Gedanken über römischen Größenwahn und etruskischer Lebensfreude und seine Begegnungen mit dem Italien der zwanziger Jahre.
Annegret Winter
Lawrence, David H: Etruskische Orte. Vorw. v. Burgess, Anthony. 1999. 192 S., zahlr. zeitgen. Fotos. Br EUR[D] 11,50
ISBN 3-8031-2359-3
Heinzelmann, Michael: Die Nekropolen von Ostia. Untersuchungen zu den Gräberstrassen vor der Porta Romana und an der Via Laurentina. Beitr. v. Archer, Martin /Coletti, Caterina. Hrsg. v. Zanker, Paul /Kommission z. Erforschung d. antiken Städtewesens /Bayerische Akademie d. Wissenschaften. 2000. 368 S., 209 Abb., 18 Diagr., 6 Beil. - 32 x 24 cm. (Stud. z. antiken Stadt 6) Gb DEM 148,-
ISBN 3-931516-85-7
Hoppe, Gerd: Ostia Antica. Ein Multimedialer Kunst und Kulturreiseführer zu den Ausgrabungen. Version 2.4 09/2000. 1 CD-ROM, Hochauflösende Version. 100g. (Kunstwerke Europas u. d. Welt ) DEM 49,90 fPr [2] /ATS 350,- /CHF 49,90
ISBN 3-935192-03-7
 
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