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Altägypten im römischen Reich

Infolge der Niederlage von Antonius und Kleopatra in der Schlacht be Actium (31. V. Chr.) und nach der Eroberung der Stadt Alexandria durch Octavian, dem späteren Kaiser Augustus (30 v. Chr.) wurde Ägypten römische Provinz. Damit war die Inauguration des römischen Kaisers als ägyptischer Pharao ermöglicht, mit der Augustus letztendlich das für Rom vollendete, was Alexander der Große nach 333. V. Chr. begonnen hatte als er Ägypten besetzte und das ägyptische Pharaonentum auf seine Person übertrug. Dass die ägyptische Priesterschaft diese machtpolitische Strategie unterstützte, liegt im Wesen der altägyptischen Religion selbst, ihr Tempelkult kam ohne die reale Existenz eines Pharao nich aus, der als Mittler zwischen irdischer und göttlicher Welt die Zentralfigur der ägyptischen Religionen verkörperte. Nach 30 v. Chr. mußte also in Anerkennung der Fremdherrschaft nun der römische Kaiser als Pharao inthronisiert werden. Dieses Zugeständnis wußten die römischen Kaiser durchaus im eigenen, damit aber indirekt auch im ursächlich ägyptisch-religiösen Sinne zu nutzen und engagierten sich für den ägyptischn Tempelbau mit all seinen überkommenen kultischen und kulturellen Aspekten.
Dies beleuchtet der vorliegende Band 1 des „Altägypten im Römischen Reich“, wenn auch leider ohne Register, aber in der sonst üblichen qualitätvollen Tradition der „Zabern Bildbände zur Archäologie“. Behandelt wird die Zeit von Augustus (gest. 14. n. Chr.) bis Diocletian (gest. 305) und neben den historischen und ideologischen Hintergründen des römischen Pharaonentums wird an den Tempelbauten die Integration römischen Kaisertums in der altägyptische Religion illustriert.
In Mittelägypten, in Tehne, auf einem, der altägyptischen Religion heiligen Boden, hat sich Nero mit einem Tempel verewigt und eine benachbarte Grotte dem Krokodilgott Sobek geweiht. Ein Architravblock zeigt Sobeck mit Nero, der einen sog. Stabstrauss trägt. In Theben und Luxor entwickelten die römischen Kaiser verständlicherweise eine besonders rege Bautätigkeit, Diocletian hatte den Tempel von Luxor seinem Legionslager eingegliedert und darin seinen Kaiserkult errichtet. Eine außenhalb des Tempels liegende kleine Kapelle zeigt in griechischer Sprache eine Inschrift, die zu Ehren des Geburtstages von Kaiser Hadrian erneuert worden ist. In Karnak ist Augustus in mehreren Opferszenen abgebildet: Im Chontempel bringt er Amun die Maat dar, im Opettempel opfert er Amun, Osiris, dem Erdgott Geb sowie anderen Göttern. Und auch im Großen Tempel von Kom Ombo haben die römischen Kaiser ihre Spuren hinterlassen.
Eindrucksvoll sind überdies auch die Zeugnisse römischen Pharaonentums in Dendera (nördlich von Karnak) und Esna (südlich von Theben West). Dendera war die alte Hauptkultstätte der Liebesgöttin Hathor. Hier sind fast sämtliche römischen Kaiser illustriert und urkundlich vertreten. Ihre Darstellungen entsprechen dabei originär altägyptischer Auffassung. Das wird besonders erkennbar an dem Hauptbild in der römischen Säulenhalle in Esna, wo Domitian in der Pose altägyptischer Pharaonen (erinnert sei an die Abbildungen: Das Erschlagen der Feinde durch Ramses II im Großen Tempel von Abu Simbel, das Töten der Feinde durch Ramses III in Medinet Habu, König Thutmosis III schlägt Gefangene, zu sehen im Großen Amuntempel von Karnak) ebenfalls eine größere Gruppe Feinde niederschlägt und sie dabei an den Haarbüscheln hält.
Auch in der Architektur selbst wird der altägyptische Stil fortgeführt: das beweisen unter anderem die Säulenkapitelle, die ausschließlich altägyptische Motive zeigen: die Papyrosstaude, Teile aus verschiedenen Pflanzen (Esna), mitunter auch als Sistrumsäule mit dem Kopf der Hathor (Dendera).
Der Reiz und der wissenschaftliche Wert dieses Buches liegen in der einzigartig gelungenen Komposition von kunstwissenschaftlicher Darstellung mit politisch-religiöser Interpretation. Man wird auf die nachfolgenden Bände gespannt sein dürfen.
Gisela Ewert
Hölbl, Günther: Altägypten im Römischen Reich. Der römische Pharao und seine Tempel. Band I. (Zaberns Bildbde z. Archäol. )(Sonderbde d. Antiken Welt )122 S., 136 fb. Abb., 36 sw. Abb., Geb. EUR 34,80
ISBN 3-8053-2392-1
 
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