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Die Normannen

Dieser großformatige, (ge)wichtige, tatsächlich 4 kg schwere Band ist der Katalog der Normannen vom ausgehenden 8. Jahrhundert bis ins 12. Jahrhundert in den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim. Doch er ist weitaus mehr als ein Katalog, der möglichst viele der Exponate auf Abbildungen präsentiert. Das ist er auch, aber er ist vor allem ein facettenreiches, thematisch umfassendes und damit grundlegendes Werk über die als Wikinger, Nordmänner und Normannen bekannten Gruppen skandinavischer Herkunft, die „kein einheitliches Volk“ waren, sondern „hochmobile Händler, Migranten, Räuber und Eroberer“, deren Aktionsräume von Grönland bis Nordostamerika, von England über ganz Europa bis nach Nordafrika, von Skandinavien über Byzanz und Palästina und bis nach Asien reichten.

Diese „wikingerzeitlichen Skandinavier“ gründeten z. B. im Westen die Normandie und schufen im Osten die Grundlage für die sog. Kiewer Rus`, ein Staatswesen das zu einer Hegemonialmacht unter Ostslawen aufstieg.“ Sie befuhren die Flüsse Europas, gründeten Handelszentren und Siedlungen, „die einen stark multikulturellen Charakter entwickelten“ und trugen damit auch „zur Entwicklung der Rus` und zur Vernetzung Skandinaviens mit dem Osten Europas bei.“

In inhaltlich vielfältigen, ausführlich und differenziert gegliederten Beiträgen untersuchen und deuten internationale Wissenschaftler verschiedener Disziplinen und Forschungsschwerpunkte, gestützt auf umfangreiche Literatur und vorhandenes Quellenmaterial, Wurzeln, Geschichte, Kultur und Politik der Normann, verfolgen ihre Handelswege, Eroberungszüge, Expansionen und Siedlungsgründungen im Mittelalter und ergänzen ihre Aufsätze durch kurze biographische Berichte über Fürsten und Fürstinnen, Eroberer, Kleriker und deren Stammbäume.

Der zweite Schwerpunkt des Bandes liegt auf den Abbildungen der Exponate: archäologische Funde, Kunsthandwerk aus Metall, Keramik und Elfenbein, Schmuck, Münzen, Werkzeuge und Waffen, Reliquien, architektonische Fragmente u.a., die alle sehr ausführlich und damit sehr informativ kommentiert und erläutert werden. Sie werden ergänzt durch zahlreiche Beispiele zeitgenössischer Handschriften: Dokumente, Urkunden oder Chroniken u.a.
Dabei zeigt sich, dass schon die mittelalterlichen Gelehrten die Normannen unterschiedlich charakterisierten und somit „das Rüstzeug“ lieferten für alte und moderne, von der jüngeren „geschichtswissenschaftlichen Forschung“ auch kritisch geprüften Mythen und Deutungen und „für regionale und nationale Ursprungserzählungen“, die aber „zweifellos auch zukünftige Interpretationen inspirieren“ werden. „Diese dürften ihrerseits aus jeweiligen Aktualitäten“, wie etwa dem „Migrationsdruck des 21. Jahrhunderts mit all seinen Ausprägungen und Ursachen“… „neue Impulse erfahren“, denn „auf den Spuren der Normannen lässt sich eine mittelalterliche „Migrations- und Vernetzungsgeschichte erzählen, die unsere Gegenwart in faszinierende Weise berührt.“

02.04.2023
Christa Chatrath
DIE NORMANNEN. Eine Geschichte von Mobilität, Eroberung und Innovation. 2022. 528 S. 428 fb. Abb. 24 x 28 cm, HC. EUR 45,00 im Set für 70,00 EUR
ISBN 978-3-7954-3671-1   [Schnell & Steiner]
 
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