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Burgen und Wohntürme des Mittelalters

Wer an Mittelalter denkt, denkt zwangsläufig auch an Burgen. In die Welt der wehrhaften Bauten einzuführen, hat sich Friedrich-Wilhelm Krahe mit einem zweibändigen Werk vorgenommen, das kein Buch für Burgenkundler sein will, sondern eine "Einführung für Laien". Angesichts von ehemals 20.000 Burgen, so die Berechnungen des Autors, können die gut 350 Seiten in zwei Bänden kaum mehr als einen Überblick leisten. Leicht lesbar, in der Verkürzung zuweilen recht knapp, leitet der erste Band auf unter 100 Seiten zu Ursprung, Entwicklung und Lage einer Burg im Gelände ein, erläutert ihre Teile und interessante Details, mit Grundrissen, Skizzen und schwarz-weißen Zeichnungen des Autors reich, aber manchmal etwas zu klein bebildert. Dem interessierten Laien sagen die statistischen Tabellen ohne Interpretation jedoch ebenso wenig wie die Abkürzungen in den Grundrissen, die erst im zweiten Band erläutert werden. Dort wird auf ähnliche Weise der Leser nun an die Wohntürme herangeführt, wobei der Autor das Schwergewicht seiner kurz gehaltenen Einträge auf ihm bekannte Objekte legt.
Neben der problematischen Eingrenzung des Themas auf das "deutsche Mittelalter" bleibt auch die Bandeinteilung fragwürdig und führt zu thematischen Überschneidungen, u.a. bei der bekannten Burg Eltz, die, wie Krahe selber einräumt, "fast nur aus Wohntürmen" besteht. Burg und Wohnturm sind keineswegs getrennte Bauten, wie der Buchtitel nahe legt, vielmehr sind Wohntürme meist Bestandteil vieler Burgen. Dennoch: Bei guter Ausstattung und erstaunlichem Preis-Leistungs-Verhältnis erreicht das Werk sein selbst gesetztes Ziel und vereint dabei zwei vor einigen Jahren erschienene Publikationen des Autors - ein Grundriss-Lexikon und eine umfangreiche Sammlung zu Wohntürmen. Vom Ertrag reicht Krahes Werk aber nicht an die angejahrte "Kleine Kunstgeschichte der Burg" von Walter Hotz oder das jüngst von der Deutschen Burgenvereinigung herausgegebene Handbuch der "Burgen in Mitteleuropa" heran.
Von den kriegerischen Absichten der Bewohner von Burgen legt das gut eingerichtete Faksimile der Publikation Georg Landaus wissenschaftlich fundiertes Zeugnis ab. Nicht nur, weil man das über 150 Jahre alte Buch selbst in größeren Bibliotheken vergeblich sucht, muss man für die Reproduktion dankbar sein. Informativ und lesenswert führt der hessische Historiker und Archivar in einer allgemeinen Einleitung in Entstehung, Entwicklung und Untergang der Rittergesellschaften ein, um dann neun hessische Korporationen einzeln vorzustellen. Einleuchtend stellt er das Verhältnis zwischen dem Verfall der mittelalterlichen Landfrieden und dem Aufkommen von Bündnissen wie Hanse im Norden, Städtebund am Rhein und Eidgenossen in der Schweiz her. Von den Städteverbindungen unterscheidet der Autor treffend die adeligen Gesellschaften, die erst in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts Bedeutung erlangten. Ihre kurzlebigen Geschichten, ihre Abzeichen, Zwecke, Mitglieder und Handlungen entwickelt er auf anschauliche Weise aus den im Anhang wörtlich wiedergegebenen 49 Urkunden. Wie aktuell seine Forschungen noch heute sind, belegt das seit Jahren bestehende Interesse der Wissenschaft an den adeligen Korporationen des Spätmittelalters. Und wer darüber hinaus die unmittelbare Anschauung sucht, wird zu den bebilderten Burgen-Publikationen Krahes greifen.

Weitere Literatur: Landau, Georg: Die Ritter-Gesellschaften in Hessen während des 14. und 15. Jahrhunderts. Mit einem Urkundenbuche, Kassel 1840. Hrsg.: Carl, Dieter. (Nachdr. d. Ausg. Vellmar) 208 S., Faks. 22 cm. Gb Historische Gesellschaft, Vellmar 2001. EUR 39,-
Götz J. Pfeiffer
Krahe, Friedrich-Wilhelm: Burgen und Wohntürme des deutschen Mittelalters. 2 Bde. 360 S., zahlr. Abb. 24 cm. Gb, Thorbecke, Stuttgart 2002. EUR 24,90
ISBN 3-7995-0104-5
 
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