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Wege zur Renaissance

Im September 2000 veranstaltete das Kunsthistorische Institut der Universität zu Köln mit Unterstützung der Sigurd-Greven-Stiftung ein Kolloquium mit dem Titel «Wege zur Renaissance». Liebgewonnene Überzeugungen und Grenzziehungen der Kunstgeschichte wurden hier auf den Prüfstand gestellt: Anhand von Beispielen aus dem Rheinland und seinen Nachbargebieten debattierten Kunsthistoriker und Historiker aus verschiedenen europäischen Ländern darüber, ob die traditionellen, antagonistischen Stilbegriffe Gotik und Renaissance noch tauglich sind, den Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit im Bereich der Kunst zu beschreiben, wenn man den Blick über jene italienischen Regionen hinaus weitet, in denen der Beginn der Renaissance gemeinhin verortet wird.
Nun liegen die Ergebnisse des Kölner Kolloquiums in einem ansprechend gestalteten und reich bebilderten Sammelband vor, dessen Drucklegung ebenfalls von der Sigurd-Greven-Stiftung ermöglicht wurde. Der Band führt nicht nur zahlreiche noch wenig bekannte Kunstwerke aus dem rheinischen Raum - einer der bedeutenden Kontaktzonen verschiedener Kunst- und Kulturkreise um 1500 - vor. In neuen Interpretationen offenbaren sich darüber hinaus Aspekte dieser Kunst, die bislang nur wenig wahrgenommen wurden.
So geht etwa Hubertus Günther strukturellen und programmatischen Gemeinsamkeiten zwischen der Architektur der sogenannten Spätgotik in Deutschland und der Architektur der Renaissance in Italien nach. Holger Simon deutet einen bislang kaum überregional beachteten, ungefaßten Schnitzaltar im Lichte der epochemachenden Philosophie des Nikolaus von Kues. Klaus Graf legt die wachsende Bedeutung des Erinnerns (memoria) als identitätsstiftendes kulturelles Konzept und dessen Beitrag zur Entwicklung der Künste um 1500 dar. Gemeinsam ist fast allen Beiträgen des Buches der Versuch, exemplarisch neue Perspektiven und neue Erkenntniswege für die Bewertung der Kunst Mittel- und Westeuropas im 15. und 16. Jahrhundert aufzuzeigen. Jenseits einer rein formalen Kunstbetrachtung sollen so einige der vielfältigen Strategien rekonstruiert werden, mit denen Künstler am Beginn der Neuzeit auf die Herausforderungen einer veränderten Lebenswirklichkeit reagiert haben. Künstlerische Vorgänge sollen damit in ihren ehemaligen geistigen und sozialen Kontext zurückversetzt werden.
Der Band wendet sich demnach nicht nur an Kunsthistoriker und Kunstinteressierte, sondern auch an die historischen Fächer im Allgemeinen, denen die Frage nach der Epochengrenze zwischen Mittelalter und Neuzeit ein interdisziplinäres Anliegen ist.
vdr
Wege zur Renaissance. Beobachtungen zu den Anfängen neuzeitlicher Kunstauffassung in den Rheinlanden und in den Nachbargebieten. Hrsg. Nussbaum, Norbert. 204 S., 165 Abb., davon 50 fb. 24 cm. Gb S+H Verlag, Köln 2002. EUR 49,80
ISBN 3-89498-122-9
 
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