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Caravaggios Flucht

Von Caravaggios Leben (1573-1610) wird von Næss die Zeit zwischen 1599 und Caravaggios Tod erzählt. Næss schlüpft dabei in die Rolle eines Herausgebers und läßt einige Personen, die Caravaggio tatsächlich nahe standen, über den Maler aus unterschiedlichen Perspektiven erzählen. Dies geschieht in Form von Berichten, die verschiedene Versionen der Ereignisse um Caravaggio und verschiedene Facetten seines Denkens und Charakters ausbreiten, so daß im Laufe des Romans eine stetige Verschiebung des Sachverhaltes stattfindet. Im Kern geht es um den Grund für Caravaggios Flucht, so auch der Titel des Buches. In diesem Punkt, daß Caravaggio in einem seiner zahlreichen cholerischen Anfälle in Rom einen Mann getötet hat, sind sich alle Berichterstatter ebenso einig wie über seine weiteren Lebensstationen, Neapel, Malta und Sizilien. Der Grund für dieses Ereignis wird dann verschieden ausgedeutet. Über diesen Berichten wird die Geschichte des 17. Jahrhunderts, die Inquisition, ebenso lebendig wie die, die Autorität der katholischen Kirche, bedrohenden Erfindungen eines Kepler, Kopernikus oder Galilei. Zu diesen Umstürzlern gehört auf dem Feld der Malerei auch Caravaggio, den der Buchhändler Gabrielli einen "Galilei der Leinwand" nennt, da er die Figuren nicht mehr durchgeistigt idealisiert, sondern in natürlicher Körperlichkeit zeigt. Næss fragt am Ende "Wozu habe ich es gebracht? Zu Fußnoten!" Solche "Fußnoten" liest man gern, denn sie bestehen aus sorgfältiger Darstellung des persönlichen, geistigen und ästhetischen Umfelds Caravaggios am Beginn des Barocks.
Sigrid Gaisreiter
Naess,Atle: Caravaggios Flucht. Roman. Gb., Insel, Frankfurt 2003 EUR 18,90
ISBN 3-458-17171-1
 
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