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Die griechische Kunst

Der Reihenname „C.H.Beck Wissen“ weckt Erwartungen, nicht zu Unrecht, denn Tradition verpflichtet: Dass die allgemeinbildenden Beck-Bändchen, in denen man so gut wie alles vom Neandertaler bis zur UNO finden kann, in würziger Kürze Wesentliches enthalten, ist bekannt. Im Frühjahr 2007 erschienen nun die ersten von 12 Bändchen zum Schwerpunkt „Kunstepochen“, beginnend mit griechischer und römischer Kunst sowie der der Renaissance; im Herbst wird es mit der frühchristlichen und byzantinischen Kunst weitergehen. Kennern verraten die Autorennamen, dass hier die ganz Großen ihres jeweiligen Faches sich höchst konzentriert und stets gut lesbar zum Thema äußern. Kostbares und Kompetentes also zu schmalem Preis und in schlankem Umfang.

Der Heidelberger Klassische Archäologe Tonio Hölscher zeigt, dass die griechische Kunst so weitreichend in ihrer Funktion und Verwendung und so alltagsbestimmend war, wie wir uns die Wirkmacht von Kunst heute kaum mehr vorstellen können. Fast wesentlicher als die stilistische Bestimmung des einzelnen Denkmals ist für ihn jedoch das gesellschaftliche Umfeld der griechischen Bildwerke - ob es sich um Relief, Rundplastik oder bemalte Keramik handelt. Die altgriechische „Bilderwelt“ ist als „Teil der Lebenswelt“ aufzufassen, als Reaktion und Interpretation politisch-sozialer Verhältnisse. Die Abschnitte über die Stilepochen Archaik, Klassik und Hellenismus sind auf der Basis dieser Tatsache zu lesen, denn: „Kein antikes Bildwerk wurde geschaffen, um ein Schritt in der Stilgeschichte oder ein Element der Kulturgeschichte zu sein.“

Hölschers Münchener Kollege Paul Zanker widmet sich mit Konzentration auf Rom als politisches und künstlerisches Zentrum der römischen Kunst während Republik und Kaiserzeit. Römische Kunst basiert auf griechischer; der Begriff „Aneignung“ griechischer Kunst durch Rom ist durchaus im Doppelsinn zu verstehen, wenn sich auch auf dem Weg in die Spätantike höchst eigenwillige Richtungen künstlerischen Ausdrucks entwickelten, etwa die im Kontrast zur höfischen Kunst frappierend ursprüngliche Volkskunst. Die künstlerische Umsetzung des griechischen Erbes gelang den Römern im Dienst der kaiserlichen Propaganda als intensive „Kommunikation durch das Medium Bild“ im öffentlichen Raum, und im „otium“ (Muße) der Villa als Widerspiegelung des irdischen Erlebens, wo man sich gerne mit allerlei bekannten Mythen umgab. Zanker zeigt, dass der künstlerische Ausdruck Roms im Öffentlichen und Privaten, an Alltagen sowie Festtagen, im Haus und am Grab sein immenses Spektrum fand.

Der Züricher Kunst- und Architekturhistoriker Andreas Tönnesmann widmet sich schließlich der Kunst der beginnenden Neuzeit, die inmitten von „Glaubens- und Gesinnungskämpfen“ in einer Zeit der „inneren Zerrissenheit“ entstand. Italien und seine Künstler stehen bei Tönnesmann im Zentrum, Flandern und Frankreich agieren am Rande, Deutschland wird lediglich durch Dürer repräsentiert. Hauptsächliche Fragestellung ist die nach der gesellschaftlichen Rolle des Künstlers, denn „Ökonomie und Kunst standen in einem engen Abhängigkeitsverhältnis“: Die Allianz zwischen Leonardo da Vinci und Ludovico Sforza ist ein Beispiel dafür. Während man in den Werkstätten am Hof und in den Städten das Erlebnis von Raum und Tiefe fleißig umsetzte, haben sich die Meister bemüht, nach und nach ihren angestammten Platz in der Gesellschaft als Handwerker zu verlassen und zu Kunst-Theoretikern zu werden - man denke an Albrecht Dürer und Leonardo da Vinci, die mit ihren Proportionslehren und anderen theoretischen Arbeiten über die Erfordernisse ihres Berufs weit hinausgingen.

Die drei komprimierten Arbeiten zeigen deutlich, dass eine Betrachtungsweise von Kunst allein unter ästhetischen Gesichtspunkten unter Vernachlässigung gesellschaftlicher Phänomene heute unwiederbringlich zur Vergangenheit gehört.

Tonio Hölscher, Die griechische Kunst, 2007, 127 S. mit 84 Abb., bsr 2551, € 7,90;
Paul Zanker, Die römische Kunst, 2007, 127 S. mit 82 Abb., bsr 2552, € 7,90;
Andreas Tönnesmann, Die Kunst der Renaissance, 2007, 136 S. mit 42 Abb., bsr 2556, € 7,90
Daniela Maria Ziegler
Hölscher, Tonio. Die griechische Kunst. 2007. Beck`sche Reihe. 8 S. 85 Abb., davon 11 fb. Pb. EUR 7.90
ISBN 978-3-406-55491-9   [C. H. Beck]
 
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