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Antikensammlung in Kassel

Das Glanzstück der Antikensammlung auf der Kasseler Wilhelmshöhe ist zweifellos der Kasseler Apoll, die qualitätvolle traianisch-hadrianische Kopie eines Vorbildes der griechischen Hochklassik, die auch den Einband des aufwändig gestalteten Kataloges schmückt und vermutlich eine der bekanntesten Beispiele griechischer Kunst in deutschen Sammlungen ist. Auch unter den übrigen 143 Objekten, die nach Gattungen geordnet in der Zabern-Neuerscheinung versammelt sind, finden sich Höhepunkte der antiken Kunst: zum Beispiel der prachtvolle dionysische Jahreszeitensarkophag aus der Mitte des 3. nachchristlichen Jahrhunderts, die römische Kopie eines Polykletischen Doryphoros und eine schöne Hygieiastatue aus antoninischer Zeit.

Nach einer Einführung in die Geschichte der Sammlung folgen griechische und römische Ideal-, Porträt- und Sepulkralplastik, Reliefs, architektonische Objekte, Kypriaka, Ägyptiaka und schließlich neuzeitliche Nachbildungen sowie verschollene Stücke. Wie es sich für einen echten Bestandskatalog gehört - übrigens seit Margarete Biebers umfänglichem Werk aus dem Jahre 1915 der erste und somit ein echtes Desiderat -, sind auch die weniger ansehnlichen und minder qualitätvollen Stücke, auch beschädigte und stark fragmentierte, mit aufgenommen. Bewährter wissenschaftlicher Tradition folgt die Besprechung der einzelnen Objekte: Maße, Erhaltungszustand, Herkunft, Beschreibung, Interpretation, Vergleich, Datierung inklusive Literaturliste; geschrieben wurden die Texte von zwei ausgewiesenen Kennern der Kasseler Sammlung. Wissenschaftliche Tradition heißt auch, dass Selbstverständlichkeiten nicht erwähnt werden beziehungsweise dass der Leser gefordert ist, bei Nachfragen die angegebene Literatur aufzusuchen und selbst weiterzuforschen. Das ist manchmal auch schade: Zum Beispiel würde man sich bei den beiden brandbeschädigten Sphinxköpfen Typ Mantua-Rom (Nr. 46-47, 163ff.) eine Zeichnung der Tischkonstruktion, zu der sie einst gehörten, wünschen. Der Verständlichkeit wäre auch ein Vergleichsstück sicher dienlich gewesen.

Die insgesamt zehn im Abschnitt „Neuzeitliche Nachbildungen“ enthaltenen Objekte - vor allem Porträtbüsten - datieren zwischen dem späten 17. und dem 20. Jahrhundert; ein Teil wurde 1750 auf einer Auktion in Den Haag für den Landgrafen Wilhelm VIII. erworben. Nicht bei jedem Objekt ist anzugeben, ob es sich um eine bewusste, intendierte Fälschung handelte und auch so verkauft wurde, oder um eine antikisierende Nachbildung. Immerhin erlaubt eine gelassene Haltung (wie die der beiden Autoren) gegenüber neuzeitlichen Arbeiten, die antike Formsprache kopieren, sie als eigenständige Kunst zu betrachten - denn qualitätvoll und handwerklich gelungen sind alle Nachbildungen aus der Kasseler Antikensammlung.


Daniela Maria Ziegler
Gercke, Peter: Antike Skulpturen. Antikensammlung Museumslandschaft Hessen Kassel. 640 S., 576 Abb. 17 x 25 cm. Gb Philipp Zabern, Mainz 2007. EUR 69,90
ISBN 978-3-8053-3781-6
 
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