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Die Kunst der Gotik und des Barock in Österreich

Die beiden Bände zur österreichischen Kunst der Gotik und des Barock umfassen die Zeiträume von der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts bis etwa um 1500 und von 1600 bis 1790. Bereits erschienen ist der Band zur früh- und hochmittelalterlichen Kunst. Die Bände zu Spätmittelalter und Renaissance sowie zur Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts sind in Vorbereitung.
Während der Gotik waren die Ideen der Bettelorden einflußreich. Das zeigt sich vor allem in der Architektur, die nicht wie zu erwarten vorrangig französische Vorbilder aufnahm, sondern den Hallenraum mit umgangslosen Chören bevorzugte. Das Fehlen eines Bistums im babenbergischen Österreich verlangte in erster Linie den Bau von Pfarrkirchen mit funktional von Kathedralbauten abweichenden Typen. Der Verzicht auf figürliche Bauskulptur ist ebenfalls auf die Bettelorden als Bauherrn zurückzuführen. Erst für St. Stephan in Wien wurde Bauskulptur produziert. Die Portalorganisation dort gleicht dem Westportal der Nürnberger Frauenkirche.
In Plastik und Malerei gab es neue Themen und Darstellungsformen wie die Schönen Madonnen, Heiligenviten, Werke der Barmherzigkeit und narrative Zyklen mit christologischen und mariologischen Inhalten. Die Monumentalmalerei faßt Glasmalerei, Wandmalerei und bemalte Architektur zusammen.
Die Art der Organisation von Werkstätten wirft immer noch mehr Fragen auf als sie beantworten kann. Die Funktion urkundlich bekannter Personen läßt sich häufig nicht eindeutig benennen. Sie können als Künstler, als Kaufmann oder als eine Art Manager tätig gewesen sein, vorstellbar ist auch eine jeweilige Personalunion.Werke der barocken Kunst sind in einer größeren Zahl erhalten als gotische Denkmäler. Als neue Aufgaben kamen Bau, Ausstattung und Gestaltung von Musiktheatern, Reithallen und Gärten hinzu. An Materialien wurden verstärkt Blei für die Herstellung von Brunnen und Porzellan für Kleinkunst verwendet. Das plastische Bildnis diente der Memoria und Repräsentation, letztere kann bei Heranziehung von Inschriften und heraldischen Motiven auch als Inszenierung verstanden werden.
Zustimmend nimmt man in beiden Bänden die kritische Haltung der eigenen Wissenschaftsgeschichte gegenüber zur Kenntnis. Die künstlerorientierte Forschung nahm zu selten Rücksicht auf das historische und soziale Umfeld der Entstehung der Kunstwerke. Sozialkritik in dieser Hinsicht wird von den Autoren und Autorinnnen nicht ausgespart. Der Hinweis auf deutschnationale Töne in gängigen Publikationen und das daraus folgende Hindernis für wirkliche Erkenntnis wird selten so offen ausgesprochen. So zeigen die Bände die Defizite der Forschung auf und weisen mit dieser Art der Fragestellung zugleich in die Zukunft.
Beide Bände sind thematisch nach Gattungen gegliedert, für die sie insgesamt einen guten Überblick bieten. In beiden ist das Kunsthandwerk zwar vertreten, aber noch nicht in der ihm angemessenen Ausführlichkeit. Im Band zur gotischen Kunst vermißt man insbesondere die hauptsächlich in Kärnten entstandenen alpenländischen Fasten- oder Hungertücher, die eine wichtige Rolle für typologische Darstellungen spielten. Der Einfluß ausländischer Künstler aus Frankreich und Italien auf die Kunst von Gotik und Barock wird klar ersichtlich. Entsprechende Abwehrmechanismen griffen damals wie heute.
Annelies Amberger
Geschichte der Bildenden Kunst in Österreich. Hellmut Lorenz (Hrsg.) Band 5. Barock. 688 S., 520 Abb. Dav. 221 fb., HC, 27 cm EUR 89,-
ISBN 3-7913-2050-5
 
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