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Ulrich Wüst – Stadtbilder |
Dinge mit Bedeutung.
Seit 1984 arbeitet der gebürtige Magdeburger Ulrich Wüst als freier Fotograf, doch ausgebildet wurde er von 1967 bis 1972 an der Hochschule für Architektur und Bauwesen in Weimar. So ist es nicht verwunderlich, dass der diplomierte Stadtplaner vor allem Architektur ins Bild brachte und bringt. Seit 1972 wirkte er vor allem in Ost-Berlin und bis heute im wiedervereinigen Berlin.
Sein jetzt bei Hartmann Books erschienenes Buch „Stadtbilder“ versammelt Schwarzweißfotografien aus den Jahren 1979-1985, die den so besonderen Purismus der Bilder Wüsts offenbaren – die Leere, die Kühle auch. Die große Frage ist: Sind diese Bilder objektiv? In ihrer Detailgenauigkeit suggerieren sie das. Auf seiner Suche nach einer fotografischen Identität der DDR kommt Wüst zu fotografischen Ergebnissen, die auch erstaunliche Parallelen zu Arbeiten amerikanischer Fotografen – denken wir etwa an Ed Ruscha oder Lewis Baltz – aufweisen.
Wüsts Werk ist keineswegs unbekannt, wurde in vielen bedeutenden Ausstellungen gezeigt – unter anderem auch auf der documenta 14 im Jahr 2017. Und diese Bilder aus ostdeutschen Kleinstädten oder aus Ost-Berlin sind immer wieder ein visuelles Erlebnis – in ihrem Verzicht auf menschliche Staffage, in ihrem visionären Potential. Jene Szene etwa aus Wendisch Priborn: Bahngleise, die in die Weite führen, grauer Himmel, gottverlassene Landschaft. Viele seiner Fotografien lassen an amerikanische Landschaften denken. Genauso, wie sie gleichzeitig das Ende der DDR ankündigen.
Dass in Wüsts Bildern nie Menschen auftauchen ist entscheidend, denn so wird der Blick niemals abgelenkt. So kann man sich ganz den vielen Details widmen, den vielen Dingen, die hier zu entdecken sind. Sie alle scheinen eine Bedeutung zu haben – ja, diese Fotoarbeiten von zumeist randständiger Architektur sind so alltäglich wie überaus bedeutsam. Gleichzeitig zeugen sie von einem etwas versteckten, subtilen Humor, tragen leise Absurdität in sich. Wüsts Stadtbilder – in diesem hervorragend gestalteten Buch ergänzt um einen Text und ein Interview – sind hintersinnige Dokumente eines Verlusts einer gesellschaftlichen Vision, die bis heute ganz erstaunlich aktuell wirken.
16.03.2022 |
Marc Peschke |
Ulrich Wüst, Stadtbilder | Cityscapes. 1979-1985. Flügge, Matthias. Englisch; Deutsch. 160 S. Abb. 28 x 24 cm. Hartmann Verlag, Stuttgart 2021. EUR 40,00. |
ISBN 978-3-96070-079-1
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