|
|
[zurück] |
Rolf Nobel - Arbeiter des Meeres. |
Als Hamburger hat man es nicht weit zur See und hier liegt wohl auch der Hintergrund für die lebensumspannende Liebe des Fotografen Rolf Nobel zum Meer: 1950 wurde er in Hamburg geboren. Der Vater: Schauermann im Hamburger Hafen. Ein hartes Leben, doch auch stets ein Glanz von Exotik …
Rolf Nobel erinnert sich an seinen Vater: „Er berichtete mir von Seeleuten aus aller Welt und von allerlei Getier, das sich manchmal zwischen den Ladungen fand: handtellergroße Taranteln, fingerdicke Schlangen und Skorpione in allen Größen. Manchmal brachte er mir Streichholzschachteln mit, kleine Schätze, die er den Matrosen auf den Schiffen abgeschwatzt hatte. Diese bunten Schachteln mit ihren fremdartigen Motiven beflügelten meine Fantasie und weckten in mir das Fernweh.“
Nobel studierte visuelle Kommunikation mit Schwerpunkt Fotografie an der HfBK in Hamburg. Und bald konnte er dem Fernweh folgen und fotografierte für die großen Magazine, für Geo, stern, Spiegel, ZEITmagazin, SZmagazin, mare oder Brigitte. Und er konnte reisen – es waren noch bessere Zeiten für den Magazinjournalismus. Immer wieder hat der FreeLens-Mitbegründer und ehemaliger Professor für Fotografie in Hamburg und Hannover am Meer fotografiert. Am nahen Meer, an der Nord- und Ostsee, aber auch an fernen Meeren.
Diese Bilder hat er jetzt für sein Buch „Arbeiter der Meeres“ zusammengefasst. Und nicht so sehr die Schönheit von Meereslandschaften war all die Jahre sein Thema, sondern die Arbeit, die am und auf dem Meer verrichtet wird. So fotografierte er Seetangsammler, Krabben?scher, Leuchtturmwärter, Seacoaler und viele andere. Was bei seiner Arbeit überrascht, sind nicht nur die intensiven Bilder. Denn Nobel ist auch ein hervorragender Autor – und lieferte Zeitschriften wie mare die Texte gleich mit.
Das jetzt in der Edition Bildperlen erschienene, große, opulente Buch stellt die Vielfalt der Arbeit am Meer dar, die zum Teil noch ganz archaische Züge trägt. Nobel hat sein Buch zu 13 Kapiteln verdichtet, in denen er von den Menschen der Meere erzählt, deren Lebensgrundlage immer mehr in Gefahr gerät.
Er hat auf Abwrackwerften im indischen Alang fotografiert, auf den Fischerinseln in der indonesischen Sulawesisee, bei den Seacoaler in England, den Lichtfischern auf Borneo, einen Leuchtturmwärter auf Vancouver Island, bei Krabbenfischern hinterm Polarkreis, Pferdefischern in Belgien, Seetangsammler in Schottland. Oder in Wales, bei den Lavenet-Fischern. Auf vier Kontinenten sind diese Bilder entstanden. Und zu den Fotografien kommen die Texte: lebendige Schilderungen der Menschen, die Nobel auf seinen Reisen getroffen hat.
Viele der Bilder zeigen harte Arbeit. Einen harten Kampf mit dem Meer. Es sind epische, ja apokalyptische Bilder darunter, etwa jene, welche indische Abwracker zeigen. „Meine Arbeit“, sagt Nobel, „soll ihnen ein fotografisches Denkmal setzen und etwas von ihrem Tun bewahren …“
Nobel macht sich stets gemein mit jenen, die er fotografiert. Seine Bilder zeigen das, was der Fotograf die „Kumpanei der Arbeit“ nennt. Er ist ganz nah an seinen Protagonisten. Ja, der Fotograf, er schwitzt mit ihnen, wird selbst zum Arbeiter des Meeres: Er gehört dazu.
Diese Bilder sind eine Hommage an die Menschen, die Männer des Meeres. An Joseph, den Seacoaler aus Lynemouth, der schon verstorben ist. „Obwohl Joseph und ich in sehr verschiedenen Welten lebten, gab es eine Verbindung, die über Jahre hinweg alles Vergessen überdauerte.“
Die Arbeit am Meer ist nicht weniger hart geworden. Eine ganze Arbeitskultur droht verloren zu gehen – die Bedingungen werden auch aufgrund der Überfischung und des Klimawandels immer schwieriger. „Inzwischen ist die Lage so desolat“, schreibt Nobel, „dass zum Beispiel in der Ostsee die Zahl der Fischer in gut 30 Jahren um 90 Prozent zurückgegangen ist. Und in einem der fischreichsten Meere der Welt, vor der Küste Senegals, plündern große europäische Trawler mit Schleppnetzen, in die mehrere Jumbo-Jet-Rümpfe passen würden, die Gewässer.“
Und dennoch strahlt aus vielen dieser Bilder immer noch etwas, was größer ist, als all die Widrigkeiten. Denn Nobels Bilder erzählen auch von der Schönheit, Sinnlichkeit, Erhabenheit und Freiheit, die man am und auf dem Meer erleben kann. „Die Weite des Meeres und die unermessliche Tiefe des Horizonts vermitteln ein Gefühl der Ehrfurcht, das sich nur schwer in Worte fassen lässt.“
03.09.2025 |
Marc Peschke |
Arbeiter des Meeres. Nobel, Rolf. 320 S. Zahlr. Abb. 26 x 19,5 cm. Edition Bildperlen, Münster. EUR 48,00 |
ISBN 978-3-96546-515-2
|
|
|
|
|
|