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Splendid Material – Fotografische Praxis und Bildgenese im Werk von Lyonel Feininger, |
Der Bauhausmeister Lyonel Feininger (1871-1956), an dessen Karriereanfang eine erfolgreiche Zeit als Zeichner und Karikaturist steht, ist heute vor allem für sein malerisches Werk, hier vor allem für seine kristallinen Architekturlandschaften und seine farbstarken Aquarelle bekannt. Unter all seinen Druckgrafiken ist sein ikonischer Holzschnitt für das Titelblatt des Bauhaus-Manifests spätestens seit dem 100-jährigen Jubiläum der Gründung des Bauhauses im Bildgedächtnis präsent.
Die vorliegende, im Bielefelder transcript Verlag erschienene Dissertation von Franziska Lampe widmet sich einem lange Zeit ‚unterbelichteten‘ Aspekt von Feiningers Schaffen: Obwohl Lyonel Feininger der Fotografie lange kritisch gegenüber stand, entwickelte sie sich doch zu einer lebenslangen Begleiterin und er hinterlässt ein Konvolut von rund 20.000 Foto-Objekten. Die Spitze dieses fotografischen Eisbergs zeigte sich bereits bei der 2011 von Laura Muir konzipierten Wanderausstellung von Feiningers Fotografien der Jahre 1928 bis 1939, die Stationen in Berlin, München, Los Angeles und Cambridge hatte, doch eine umfangreiche Betrachtung des fotografischen Œuvres war bislang ein Desiderat der Forschung.
Die mit der Silbermedaille des Deutschen Fotobuchpreis 2024/25 in der Kategorie Textband Fototheorie ausgezeichnete Publikation von Franziska Lampe geht diesem Desiderat auf die Spur und die Autorin zeichnet in vier Kapiteln ein umfassendes Bild Lyonel Feiningers als Fotograf: Im ersten Kapitel steht die systematische Erfassung des Forschungsgegenstandes im Zentrum. Neben der physischen Verortung (wo haben sich welche Aufnahmen erhalten?) werden auch die Sammlungszusammenhänge eingehend beleuchtet. Vor allem beschreibt Lampe die Problematiken des Forschungsgegenstandes. Ein interessanter Aspekt ist hier beispielsweise die Frage nach den tausenden, im US-amerikanischen Nachlass in Harvard bewahrten Aufnahmen, die Feininger zwar gemacht, von denen er aber keine Abzüge angefertigt hat und die nun vollständig digitalisiert sind. Der zweite Abschnitt ist den „Techniken des Bildes“ gewidmet: Mit welchen Kameras fotografierte Feininger und welche Bildträger entstanden daraus? Während das dritte Kapitel Feiningers Wandlung von Skepsis zur Begeisterung in Hinblick auf die Fotografie skizziert, fokussiert das vierte Kapitel einzelne Werkgruppen: Die Fotografie als biografischer Akt, zur Reproduktion von Werken, zur Motivaneignung und Feiningers experimentelle Fotografien. Den Abschluss bilden ein Fazit und Ausblick. Quellen- und Literaturverzeichnis ergänzen den wissenschaftlichen Apparat. Ein Namensregister, das die Benutzung des Bandes noch verbessert hätte, fehlt leider.
Der gut verständlich geschriebene, mit schwarz-weißen, aber auch einigen Farbaufnahmen ausgestatte Textband ist nicht nur ein must-have für alle Feininger-Fans, sondern auch für alle Fotografie-Begeisterten. Das Schaffen des Bauhausmeisters wird in der Geschichte des Mediums verortet und dabei in Relation zu zeitgenössischen Positionen gesetzt. Vor allem mit Briefzitaten bindet Franziska Lampe auch Lyonel Feininger selbst immer wieder ein, sodass das Nachdenken über dessen Kunst zwar auf einer Metaebene funktioniert, aber immer wieder an den Künstler und Urheber der Werke zurückgebunden wird. Nach Abschluss der erhellenden Lektüre des Buches, das bestehende Mythen ausräumt und viele neue Erkenntnisse liefert, wünscht sich die Leserin eigentlich nur noch, in eine große Retrospektive der Feininger Fotografien zu gehen und mehr von dem visuellen Schatz, den ein Textband naturgemäß nicht bieten kann, zu entdecken.
06.11.2025
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| Gloria Köpnick |
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Splendid Material - Fotografische Praxis und Bildgenese im Werk von Lyonel Feininger. Lampe, Franziska. 330 S. 27 fb. Abb. , 83 sw.Abb. 22,5 x 14,8 cm. Kt. transcript Verlag, Bielefeld 2025. EUR 40,00. |
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ISBN 978-3-8376-5797-5
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