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Streetart in Marburg

Die meisten Graffiti an Wänden öffentlicher oder privater Gebäude sind ein Ärgernis und zudem eine behördlich zu verfolgende Sachbeschädigung. Meist sind das mehr oder weniger hässliche Bemalungen ohne konkrete Inhalte. Anders jedoch jene Graffitis, die gemeinhin und freundlicher als „Streetart“ bezeichnet werden und dem verärgerten Wandbesitzer und Betrachter immerhin eine Botschaft vermitteln. (Und der Haus- und Grundbesitzer oder Beamte, der das versteht, sollte die Kamera nicht nur für die Weitergabe des Fotos an die Versicherung zücken.)

Solche Streetarts zu dokumentieren, darüber haben sich in Alexandra Pätzold, Kunsthistorikerin und Gerhard Pätzold, Bürgermeister a.D., in Marburg hergemacht und haben dabei nicht nur interessante Kunstwerke, sondern vor allem auch politische Botschaften ausmachen können. Melissa Gazo, zurzeit Doktorandin an der Universität Massachusetts-Amherst, USA, Department of German and Scandinavian Studies und schreibt ihre Dissertation über Geopolitik und Graffiti in Berlin seit dem Mauerfall, sprach mit einigen „Künstlern“ - meist übrigens deutscher Herkunft - dieser geheimen Zunft. Darunter waren einige, die inzwischen sogar von ihrer Kunst leben, aber es dennoch nicht lassen wollen, aktuell und öffentlich sich illegal eines Raumes anzunehmen, den sie kritisieren, wie z. B. schlechte Architektur, verdummende Werbeplakate oder ein einfach nur tristes Stadtbild. Manche der Künstler testen mit ihren graffitalen Mutproben ihre Kreativität und manchmal ist der Künstler genauso wenig clean wie sein illegaler Malgrund.
Marcel Hennes, Öffentlichkeitsreferent des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der Philipps-Universität Marburg, wollte noch mehr wissen und verschickte in Marburger Szenetreffs Fragebögen. Der Rücklauf war spärlich, aber deswegen nicht uninteressant. Hauptproblem ist die unbedingte Anonymität, aber auch die Kurzlebigkeit dieser Kunst, auch wenn entsprechende Fotos zunehmend im Internet kursieren. Entscheidend für die Künstler ist nicht nur die Aktion selbst, sondern auch das kreative Gestalten im Vorfeld der. Ein kreativer Prozess von Protest ist es für die Streetartists allemal.
Und so kann es sein, dass „Streetart“ ein wenig dazu beiträgt, dass sich die Welt nach der „Tat“ sich sowohl für den Künstler selbst als auch vielleicht für den einen oder anderen Betrachter ein kleines bisschen hoffnungsvoller anfühlt als vor der „Tat“.

Ein kleines alternatives Buch zur Kunst für tolerante und kreative Gemüter.
8.10.2009

Gabriele Klempert
Streetart Marburg. Hrsg.: Pätzold, Alexandra /Pätzold, Gerhard /Hennes, Marcel. 2008. 96 S., 76 fb. Abb. 17 x 17 cm Pb EUR 10,00
ISBN 3-89445-406-7
 
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