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Buchverschluss und Buchbeschlag

Bevor Johannes Gutenberg um 1450 den Buchdruck mit beweglichen Lettern erfand, wurden Bücher in den Scriptorien der Klöster von Mönchen abgeschrieben, gebunden und mit Verschlüssen und Beschlägen versehen. Die Schreiber, Buchmaler, Silberschmiede und anderen Kunsthandwerker verstanden ihre Arbeit "als Arbeit im Dienste Gottes". Sie erforderte besonderes Geschick, weil ein Buch nicht nur einen Warenwert als Produkt, sondern auch einen ethisch-religiösen Wert hatte. Dem mussten eine kunstvolle Aufmachung und Ausstattung gerecht werden. Wichtige Funktions- und Gestaltungselemente waren der Buchverschluss, der das Innere des Buches vor Schäden durch Staub und Schmutz, Wasser und Insekten schützte, sowie der Buchbeschlag zum Schutz des Einbandes. Ihre kreative, aufwendige Gestaltung ging erst mit der steigenden Buchproduktion seit Gutenbergs Erfindung zurück. In den folgenden Jahrhunderten wurden, mit Ausnahme des Barock und seiner Prachtentfaltung, die Einbände schlichter und Verschlüsse und Beschläge verloren an Bedeutung. Im 20. Jahrhundert wurden sie "in erster Linie als Gestaltungselement des Einbandes angesehen."

Ein neuer, großformatiger Bildband widmet sich der Geschichte und Entwicklung der Buchverschlüsse und -beschläge vom 8. bis 20. Jh, im deutschsprachigen Raum, den Niederlanden und Italien. Systematisch und chronologisch nach Epochen geordnet von romanischen Handschriften bis zur "Osnabrücker Bistumsbibel" vom Beginn des 21. Jhs. werden die verschiedenen Verschluss- und Beschlagsysteme und -typen auf rund 400 kleinformatigen Farbfotos und 150 technischen Zeichnungen vorgestellt, beschrieben und erläutert.
Besonderes Anliegen und eine verdienstvolle Leistung des Autor ist "eine neu entwickelte Terminologie", die von ihm "als ein Vorschlag zur Vereinheitlichung der Fachbegriffe" gedacht ist, um die bisherigen "großen Verständigungsprobleme" zwischen "Einbandforschern, Bibliothekaren, Restauratoren, Sammlern oder Antiquaren" zukünftig zu vermeiden. Dabei bemüht er sich um "logische, allgemeinverständliche Begriffe", die "präzise beschreiben" und "einprägsam" sind.
Bemerkenswert und überaus nützlich für die Fachwelt ist der materialreiche, sorgfältig zusammengestellte, 8-teilige Anhang u.a. mit Hinweisen zur Anwendung der Terminologie, mit einer Auflistung aller Verschluss- und Beschlagformen, Erklärungen der Rekonstruktionsmöglichkeiten von verlorenen Formen und Verzierungen anhand auswertbarer Spuren, mit einer Konkordanz der neuen und alten Fachbegriffe in Deutsch, Niederländisch, Englisch, Französisch und Italienisch, einer Liste der Buchbinder, Klausurmacher und Silberschmiede sowie einer umfangreichen Bibliographie und einem Register.
Das Ergebnis ist ein sorgfältig erarbeitetes, grundlegendes Fachbuch, vom Autor bescheiden gedacht für eine "mit der Zeit vollständigere Aufarbeitung".

01.08.2011
Christa Chatrath
Adler, Georg. Handbuch Buchverschluss und Buchbeschlag. Terminologie und Geschichte im Dtsch.sprachigen Raum, in den Niederlanden und Italien vom Frühen Mittelalter bis in die Gegenwart. Konzeption von Krauskopf, Joachim. 256 S. 169 technische Zeichn., 923 fb. Abb. 29,7 x 21 cm. Gb. L. Reichert Verlag, Wiesbaden 2010. EUR 98,00
ISBN 978-3-89500-752-1   [L, Reichert]
 
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