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Hitlers Kunsthändler – Hildebrand Gurlitt

Die Welt war zu Recht empört, als man 2013 erfuhr, welche Schätze der einsame und merkwürdig verschlossene Mann Cornelius Gurlitt in seiner Münchner Wohnung versteckt hielt und in seinem völlig verwahrlosten Salzburger Haus verborgen hatte. Kostbare und vielfach als verschollen geglaubte Kunstwerke kamen ans Licht, von denen einige Exemplare eindeutig als Raubkunst erkannt wurden. Es war das Erbe seines Vaters Hildebrand Gurlitt, der noch bis in die 1960er Jahre als hochverehrter Museumsdirektor, Kunsthändler und Kunsthistoriker galt.
Im Frühjahr dieses Jahres sind gleich zwei Titel über Hildebrand Gurlitt, Hitlers Kunsthändler, erschienen. Sein Name steht für ein bislang ungesühntes Unrecht, das bis heute vielfach noch nicht aufgearbeitet ist.

Doch wer war der Mann, der als junger Museumsdirektor für die moderne Kunst kämpfte und sie dann als "entartet" sammelte und verkaufte? Der als "Vierteljude" Raubkunst für Hitlers Führermuseum erwarb und daran Millionen verdiente?
Meike Hoffmann und Nicola Kuhn legen die erste Biographie von Hitlers berüchtigtem Kunsthändler vor. Als Pionier der modernen Kunst ist Hildebrand Gurlitt in den Zwanziger Jahren vielbewundert – und wird 1930 als Museumsdirektor entlassen, als der Gegenwind von rechts zu stark wird. 1933 verliert er erneut seinen Posten. Doch kurz danach beginnt sein zweiter Aufstieg als Kollaborateur und Profiteur im Nationalsozialismus. Er verschafft dem Deutschen Reich Devisen durch den Verkauf von "Entarteter Kunst", geht nach Paris und erobert sich den Kunstmarkt in den besetzten Gebieten. Er wird reich mit Bildern, die jüdischen Sammlern geraubt wurden – und ist schon 1948 als Direktor des Kunstvereins in Düsseldorf wieder in Amt und Würden. Auf der Grundlage jahrelanger Recherchen erzählen Meike Hoffmann und Nicola Kuhn eine Geschichte von Tragik, Verbrechen und Verdrängung, die ihren Schatten bis in die Gegenwart wirft.

Meike Hoffmann ist Kunsthistorikerin, arbeitet seit vielen Jahren über den Kunsthandel im Nationalsozialismus und ist seit 2006 Projektkoordinatorin der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ an der FU Berlin. Darüber hinaus war sie Mitglied der internationalen Taskforce „Schwabinger Kunstfund“ und ist Mitarbeiterin der Folgeprojekte zur weiteren Erforschung von Gurlitts Kunstsammlung.

Als Journalistin ausgebildet und als Expertin zum Thema Raubkunst im Nationalsozialismus erzählt auch Catherine Hickley die Geschichte des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt und seines Sohnes Cornelius.

Und beide Titel lesen sich wie ein spannender Krimi, der jedoch Wirklichkeit ist und eine Zeit beschreibt, die bis heute das Grauen lehrt. Eine hochpolitische Familiengeschichte, wie sie im jungen 20. Jahrhundert vielfach vorgekommen sein dürfte, und die von Machtgelüsten, Verdrängung und Charakterlosigkeit in einer Welt von Krieg und Verfolgung berichtet.

Beide Titel verfügen unter anderem über ein ausführliches Namensregister und Quellenangaben.

Eine andere, aber ebenfalls eindrucksvolle Sicht auf die Machenschaften im Nationalsozialismus zeigt der Titel „Der Nazi und der Kunstfälscher. Die wahre Geschichte über den größten Kunstbetrug des 20. Jahrhunderts". Dabei geht es um die Geschichte des Han van Meegeren, der sich als nur durchschnittlich begabter Maler gegen seine Kritiker als Kunstfälscher rächte und dem es gelang, Hermann Göring eine Fälschung zu verkaufen, an der er Millionen verdiente, ihm jedoch nach dem Krieg wegen Landesverrats beinahe den Tod gebracht hätte.

22.11.2016

Gurlitts Schatz: Hitlers Kunsthändler und sein geheimes Erbe. Catherine Hickley. 336 S., Abb. 22 x 14 cm. Gb. Czernin Verlag, Wien 2016. EUR 24, 90. ISBN 978-3-7076-0574-7
Der Nazi und der Kunstfälscher. Die wahre Geschichte über Vermeer, Göring und den größten Kunstbetrug des 20. Jahrhunderts. Dolnick, Edward. 360 S. zahlr. z. T. fb. Abb. 21 x 15 cm. Gb. Parthas Verlag, Berlin 2014. EUR 29,80. CHF 40,90 ISBN 978-3-86964-082-2
Gabriele Klempert
Hitlers Kunsthändler. Hildebrand Gurlitt 1895-1956. Hoffmann, Meike / Kuhn, Nicola. 400 S., 36 Abb. 22 x 14 cm. Gb. C.H. Beck Verlag, München 2016. EUR 9,95
ISBN 978-3-406-69094-5   [C. H. Beck]
 
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