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Joseph Beuys. Geordnetes Chaos oder chaotische Ordnung?

Mit dem Werk von Joseph Beuys in Kontakt zu treten o h n e dabei Distanzen zu verlieren, ist eine Aufgabe, zu der jeder Betrachter immer wieder neu aufgerufen ist. Mit Beuys zu denken ist eine Sache – Beuys´ Werke als Bild gewordene geistige Ordnungsprozesse wahrzunehmen setzt Operationen voraus, die weiterreichende Energien freisetzen können. Dieser Problematik war sich die Autorin Stephanie Benedikt-Jansen wohl bewußt. Ihre Reflexionen zu zentralen Werkkomplexen von Beuys – den Fonds, den Bienenköniginnen sowie einzelnen Aktionen – zentrieren sich jeweils um einzelne Rezeptionsmuster, die der Künstler selbst in einem Netzwerk von archetypischen Bildern und Begriffen immer wieder neu variierte und die von ihm im Leitbegriff des Chaos dialektisch entfaltet wurden. Insgesamt gelingt es der Autorin dabei leider nicht, die von Beuys eröffneten Kontexte über ihre werkimmanten Beziehungen hinaus historisch zu konturieren. Detailliert rekonstruiert die Autorin vor allem werkinterne Beziehungen und Rückbeziehungen, die Beuys vor allem durch seine komplexe Sprache des Materials in seinem Oeuvre selbst ständig erneut zum Sprechen brachte und dadurch einen eigentümlichen Geheimnischarakter bewirkte und diesen zugleich bewahrte. Ganz im Sinne von Beuys versteht die Autorin die Form des Beuysschen Werkes als offenen Ausdruck eines (Natur-)Zustandes, der nur in Form von offenen Bestimmungen von Unbestimmtem, als Grenzen unbegrenzter Kunst-Energie wahrnehmbar und erfahrbar gemacht werden kann. Dass der Chaosbegriff inzwischen ein implizites Thema auch in den Kunstwissenschaften ist, wird leider nicht näher ausgeführt.
Unverständlicherweise fehlen in dieser recht kurzen Studie Hinweise auf die neuere und neueste Beuysforschung (wie etwa die bedeutende Studie von Barbara Lange; die Beuyskataloge hat die Autorin nur bis zum Jahr 1992 (!) berücksichtigt), die seit Jahren eine subtil argumentierende, rezeptions-historische Perspektive erarbeitet hat und dabei über einen die Natur der Form betonenden Zugang zur "Welt" von Beuys längst hinausgelangt ist. Ärgerlich zudem: Die Qualität der Abbildungen kann man wirklich nur als äußerst dürftig bezeichnen.
8.6.2002
Michael Kröger
Benedikt-Jansen, Stephanie: Joseph Beuys. Geordnetes Chaos oder chaotische Ordnung. 104 S., Ill. Pb. TRIGA, Gelnhausen 2002. EUR 22,-
ISBN 3-89774-210-1
 
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