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Der Kunstbetrieb, die Ausstellung, das Kombinieren

Der heutige Kunst- und Medienbetrieb produziert heute zunehmend Grenzüberschreitungen und Paradoxien auf unterschiedlichsten Ebenen: Kunsthistoriker entwickeln sich zu Erzählern und/oder Feuilletonisten, Künstler kuratieren eigene und fremde Ausstellungen, Kuratoren schreiben über die Nicht-Kunst-Projekte - ins Zentrum gerät neuerdings die Wahrnehmung für die Grauzonen zwischen den Elementen und Erzählungen. Die Kunst, Werke im Rahmen von Ausstellungen oder sonstwie markierten Orten zu präsentieren, erzeugt einen hohen Bedarf an internen Rückkopplungen. Das so verschärfte Reflektieren der historischen, ästhetischen und systematischen Bedingungen der Kunst des Ausstellens läßt heute vor allem kognitive Aktivitäten in den Blick geraten, die dann formuliert werden, wenn, wie etwa Diedrich Diedrichsen im Tagungsband über "Kunst des Ausstellens" demonstriert, das "Verknüpfen, Montieren und Erzählen" als Aktivitäten der im Kunstbetrieb handelnden Künstler/Kurator/Historiker bestimmbar werden. "Kombinieren heißt von einem zum anderen kommen und dann: verknüpfen." schreibt Diedrichsen und kommt schließlich zu der hochkomplexen Frage, wie man "Kontexte vorhersehen und für nicht vorhersehbare arbeiten (kann), ohne kontextfrei zu arbeiten." (S. 239) Fragen wie diese und ähnliche finden sich in diesem überaus spannenden Sammlungsband von AutorInnen wie u.a.Oskar Bätschmann, Hans Dickel, Beat Wyss, Hans Dieter Huber und Beatrice von Bismarck zur Genüge.
Im Zentrum steht dabei das nach wie vor aktuelle Problem von Kontextverschiebungen, die zuerst von KünstlerInnen intuitiv realisiert, nun auch von vielen anderen Beteiligten im Kunstbetrieb reflektiert und mitgespielt werden. Oskar Bätschmanns Analyse des Künstlers als Stars und Andreas Spiegls nüchternes Plädoyer für eine institutionelle Auseinandersetzung mit dem Kunstsystem bezeichnen dabei nur beispielhaft die Pole, zwischen denen sich heute die Praxis der Kunsttheorie bewegt. Die Frage etwa, wie sich die Originalität des materiellen Trägers für die ästhetische Erfahrung des Werkes verändert, wird vor allem von Hans Dieter Huber problematisiert. Zwischen den Medien der Produktion und den Weisen der Rezeption entstehen systematische Rückkoppelungen: das Werk wird zum Kontext, der Kontext formuliert Metaphern und metaphorisch formulierte Bewegungen, die zum Werk als Ganzem und als Teil von Erzählungen ver/führen. Auch wenn viele der hier ursprünglich als Vorträge konzipierten Texte eher Fragen als Antworten zur Kunst des Ausstellens vermitteln, zeigen sie doch einen repräsentativen Überblick über die Probleme gegenwärtiger Kunsttheorie, die längst schon zur Praxis der Kunst-Vermittler geworden ist.
8.3.2003
Michael Kröger
Die Kunst des Ausstellens. Hrsg. Schulte, Karin 2002. 400 S., 150 Abb. 24 cm. Gb EUR[D] 25,-
ISBN 3-7757-1205-4
 
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