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Günther Förg (präsentiert) Karl von Pidoll: Aus der Werkstatt eines Künstlers

In dieser von Gerhard Theewen herausgegebenen neuen Edition bekommt der Begriff „Künstlerbuch“ eine neue Dimension. Der für die Edition Ex Libris eingeladene Künstler wählt ein für seine Arbeit, sein Kunstverständnis, bedeutendes Buch aus, das er unter seinem Namen als Reprint präsentiert. So wird das „Buch aus der Bibliothek des jeweiligen Künstlers“ durch das von ihm gestaltete Ex Libris zu „seinem“ Buch, das in der Bibliothek der Sammler und Bibliophilen dann unter seinem Namen eingeordnet werden wird. Auf diese Art erscheinen Quellenwerke für das Verständnis der Arbeit zeitgenössischer Künstler in einem neuen Licht.
So der Verleger.
Für den Laien unter den Lesern kommt das Buch anders daher. Günter Förg präsentiert ein Buch, wie wir es - wenn wir Glück hatten - aus den Schränken der Großeltern kennen. Bücher, die uns den Hauch verleihen, zu den „Auserwählten“ zu gehören. Schon der Umschlag, auf dem der Sinnenmensch gern hin und her streichen mag, vermittelt etwas unwiederbringlich Verlorenes, ebenso wie der Text selbst, „Erinnerungen aus der Werkstatt eines Künstlers“, die Karl von Pidoll über die Arbeitsweise und die Techniken des Malers Hans von Marées (1837-1887) drei Jahr nach dessen Tod für die Nachwelt aufgeschrieben hat.
In Fraktur gesetzt, tauchen wir schon allein durch die ungewohnte Schrift in die Welt des Betrachters eines Malers des 19. Jahrhunderts ein und nehmen teil an den „Vorbereitungen zur Arbeit an der Bildtafel“, bevor wir anschließend der Arbeit selber folgen dürfen.
Schlichte Gemüter könnten nun meinen, das Buch diene als eine Art „Anleitung“ für den Hobbymaler, doch das dürfte Günther Förgs Absicht nicht gewesen sein. Dieses Buch holt während des Lesens über die Arbeit an der Kunst eine fremde und zugleich vertraute „Schicht“ hervor, die im kollektiven Unbewußten sich erinnern will und dennoch tief vergraben liegt. „Aus der Werkstatt eines Künstlers“ ist am Ende eine Werkstatt der eigenen Kunst, egal welchen Beruf man ausübt und ich, als Leser werde ein Teil dieser Welt, und doch bin ich froh, dieser Zeit durch die Gnade der späten Geburt entronnen zu sein.
Das Künstlerbuch ist ein gelungener Trick, das Vergangene gleichzeitig zu schätzen und zu verachten, nicht ohne die Gewißheit zu hinterlassen, dass das, was wir tun oder unterlassen, auf die Nachwelt, ob wir es wollen oder nicht, einwirkt und wir Verantwortung zu tragen haben.

20.3.2004
Gabriele Klempert
Günther Förg (präsentiert) Karl von Pidoll: Aus der Werkstatt eines Künstlers. Erinnerungen an den Maler Hans von Marées. Maler: Förg, Günther. 84 S., 1 sw. Abb. 29 cm. (Ed. Ex Libris 2) Salon, Köln 2003. Gb EUR 98,-
ISBN 3-89770-932-5   [Salon Verlag]
 
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