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Kinderspiele

Von Paul Klee weiß man, daß er Puppen, Masken und andere Figuren für seinen Sohn Felix modellierte, die ein oder andere Nebenbeschäftigung von Künstlern auf dem Gebiet der Herstellung von Kinderspielzeug ist nur Insidern bekannt. Gleich zwei Kataloge, vom Stadtmuseum Hofheim am Taunus und der Schirn in Frankfurt sind dieses Jahr erschienen, die auf Künstlerspiele von Künstlern des 20. und 21. Jahrhunderts einen liebevollen Blick werfen und sich wunderbar ergänzen. Dabei, das ist das Schöne, werden nebenbei Künstler ins Licht gerückt, die im öffentlichen Bewußtsein eher am Rand wahrgenommen werden. Berühmt ist z.B. von Schwitters das Bilderbuch „Die Mädchen vom Paradies“, wer kennt aber die Baukästen des Architekturprofessors Jonas Geist oder das Segelschiff von Alma Buscher von 1927? Beide sind, neben anderen, im Hofheimer Katalog „Künstlerspiele“, vertreten, der neben Abbildungen kluge Zwischentexte und Künstlerviten, bietet. Eine Annäherung an ein großes Thema gewiß, aber der Katalog zeigt Exponate, mit einer Ausnahme, die anderwärts nicht vertreten sind.

Ihm gesellt sich ein umfänglicheres Werk hinzu, das, basierend auf der Ausstellung in der Schirn, von Grete Bartl bis Franz von Zülow Künstlerspiele von 46 Künstlern unter dem Titel Kunst ein Kinderspiel zeigt. Umrahmt werden die Abbildungen von Zwischentexten zur Entwicklung des Kinderspielzeugs, theoretischen Reflexionen z.B. von Huizinga oder Caillois, Anmerkungen von Rousseau, Kant oder Schiller. Ein Kompendium und notwendig für alle, die sich näher damit beschäftigen möchten. Bei aller Opulenz, der Band hat 415 Seiten, ist es ein großes Thema, das auf weitere kunsthistorische Bearbeitung wartet. So präsentierte etwa eine italienische Ausstellung auch Kinderspielzeug von dem in beiden Katalogen nicht vertretenen Künstler Boetti, einem Shootingstar des Kunstmarkts. Nicht vertreten auch das Ensemble des unlängst verstorbenen Bildhauers Erwin Heerich, der Pappschachteln, versehen mit eingeschnittenen Fenstern und Türen und einem Fähnchen zu einer Burg aufeinanderstapelte. Walter Benjamin, der große Freund des schönen Kinderbuchs und selbst Kinderbuchsammler hätte an beiden Bänden seine Freude gehabt. In jedem Fall staunt man ob der Vielfalt der zusammengetragenen Exponate. Für alle Augenmenschen eine Augenweide. Künstlerspiele, das zeigen beide Bände, sind kein Kinderspiel, aber Spiele für Kinder allemal.
Der dritte anzuzeigende Band „Kinderträume“ hat derartige Pretiosen nur wenige zu bieten, stammen die Exponate doch aus normaler Fabrikation. Sie wurden von Eva und Ivan Steiger in jahrzehntelanger Arbeit gesammelt, Spezialisten auf ihrem Gebiet, mit Liebe zum Detail. Die Texte beleuchten u.a. die Fabrikationsbedingungen, Produktentscheidungen und Entwicklungen auf dem Gebiet Kinderspielzeug bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts, beginnend mit prähistorischem Spielzeug. Es wird viel gezeigt, viel beschrieben, ein Buch für alle Spielzeugliebhaber mit Informationsinteresse. Sehr schön ist die Aufnahme von Künstlerspielzeugen der Dresdner, Wiener und Tschechischen Avantgarde, die wiederum in beiden anderen Bänden nicht vertreten sind. Alles in allem, ein gutes Bücherjahr mit drei sich ergänzenden Publikationen für alle Schau- und -Spiellustigen.

Weitere Titel:
Kunst ein Kinderspiel. Bruno Taut, Lyonel Feininger, Paul Klee, Oskar Schlemmer, Gerrit Rietveld, El Lissitzky, Alexander Calder, Pablo Picasso, Otto Dix, Ettore Sottsass, Verner Panton, Andy Warhol, Rosemarie Trockel, Michel Majerus, Tobias Rehberger u.v.a. Beitr. v. Luyken, Gunda. 320 S., 200 fb. Abb. 25 cm. Gb., Revolver, Frankfurt 2004. EUR 39,-
ISBN 3-937577-48-3
9.12.2004

Steiger, Ivan: Kinderträume. Spielzeug aus zwei Jahrtausenden. 160 S., 150 z. T. fb. Abb. 28 cm. Pb EUR 29,95 Prestel, München 2004. ISBN 3-7913-3101-9
Sigrid Gaisreiter
Künstlerspiele. Von Malern, Bildhauern, Architekten und Designern des 20 Jahrhunderts erfunden, entworfen und gestaltet. Vorw. Stang, Gisela. Beitr.: Scheid, Eva u.a. 72 S. 21 cm. Pb Stadt Hofheim, Hofheim 2003. EUR 10,80
ISBN 3-933735-27-0
 
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