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Johann Heinrich Wilhelm Tischbein als Sammler

In vielen Museen beginnt man sich seit einiger Zeit den eigenen Sammlungen zu widmen, die in der Hektik des Ausstellungswesens häufig in den Hintergrund gedrängt werden. So auch im Oldenburger Landesmuseum, erstmals wird nun ein in Oldenburg lange vernachlässigter Bereich der Sammlungsgeschichte wieder in den Blickpunkt einer Ausstellung gerückt. Es geht um Geschichte der Gemäldegalerie Alter Meister, die 1804 der damalige Herzog Peter Friedrich Ludwig von Oldenburg (1755-1829) von Johann Heinrich Wilhem Tischbein (1751-1829) gekauft hatte. Der Klassizismuskenner und Tischbeinforscher Jörg Deuter hat nun in einem kleinen, instruktiven Katalogband die Sammlungsgeschichte der Hauptwerke dieser Sammlung quellenkritisch aufgearbeitet und so einen überfälligen Aspekt der Oldenburger Sammlungsgeschichte dargestellt. Nicht nur gelingt es auf diese Weise zu zeigen, wie einzelne Werke etwa von Cranach, van Dyck, Veronese oder Reni ihren Weg in die Oldenburger Sammlung fanden. An der Auswahl und Kommentierung von Tischbeins Bildkommentaren, die von Jörg Deuter sorgsam zusammengetragen wurden, wird auch Bildung und Geschmack des Sammlers, Malers und Akademiedirektors ablesbar. Interessant sind auch die rezeptionsgeschichtlichen Aspekte, die von Deuter zu Recht betont werden. Tischbein schreibt etwa über Leonard Bramers Gemälde "Die Schatzgräber" 1806 an Goethe: "Ich muß jedes mahl lachen, wen ich das Bild ansehe und dencke mir, das es der Mahler, welcher es machte, erzehlt was er sich dabey dachte." Der Leser, der diese Zeilen liest, lernt nicht nur etwas über die Art und Weise der Bildbetrachtung des frühen 19. Jahrhunderts sondern nebenbei auch etwas von der Entdeckerfreude des Kunsthistorikers, der zitiert, wie Tischbein Goethe erzählt, wie das Bild auf ihn gewirkt habe. Das Sammelinteresse Tischbeins umfaßte den Zeitraum zwischen 1500 und 1800. Tischbeins Lebensphasen lassen sich auch unter Sammlungsaspekten bewerten: das anfängliche archäologische Interesse seiner Zeit in Rom wandelte sich während seines Aufenthaltes in Neapel in ein didaktisches; schließlich traten die Niederländer in sein Blickfeld. Insgesamt entwickelt Deuter ein lebendig geschriebenes Kurzportrait der Sammlerpersönlichkeit J.H.W. Tischbein und er offeriert außerdem wichtige Vorschläge für neue Lesarten einzelner ikonographischer Details wie etwa im Fall von Padovanino (S. 24f.) und Bertholet Flémalle ( S. 52f.).
2.5.2001
Michael Kröger
Deuter, Jörg: Johann Heinrich Wilhelm Tischbein als Sammler. Europäische Kunst 1500 bis 1800. 04/2001. 80 S., 35 schw.-w. Abb. - 17 x 24 cm. (Kat. d. Landesmuseums Oldenburg 18) Br DEM 19,80
ISBN 3-89598-765-4
 
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