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Gustav Kluge. Nach der Schrift

Nach der Schrift: Gustav Kluge in einem neuen Katalogbuch

Gustav Kluge, geboren 1947 in Wittenberge, ist ein Künstler, der da hin sieht, wo es weh tut. Seine häufig vielfigurigen Kompositionen sind aus einem harten Realismus gebaut: Er zeigt sein Lebensthema, die menschliche Figur, als einen vom Schicksal gebeutelten Leib, zeigt die dunklen Seiten des Mensch-Seins, zeigt Gewalttaten, Mord und Schrecken.

Allein der inhaltliche Fokus dieser Malerei ist es freilich nicht, der den in Hamburg und Karlsruhe lebenden Maler und Grafiker von dem Gros zeitgenössischer Kunst unterscheidet. Vor allem ist es auch die Technik dieser ganz eigenen, pastosen, doch keineswegs schnellen Malerei, über die Kluge selbst gesagt hat: „Das Ziel ist, dass die Bilder aus einem Guss sind. Ein Bild hat ... nicht immer die letzte Sicherheit im Zugriff. Ich lösche es ... und male darüber, drei, vier Anläufe übereinander ... Und dann ist das Resultat beides: ein geschichtetes Bild, aber die letzte Fassung ist doch spontan. Die darunterliegenden Schichten allerdings verankern die Spontaneität.“

Im vergangenen Jahr war in der Berliner Galerie Wohnmaschine unter dem Titel „Teamportrait Moabit“ ein Gruppenporträt der Mitarbeiter des „bzfo“, des „Behandlungszentrum für Folteropfer“ in Berlin zu sehen - ergänzt um Dokumentationsmaterialien, welche die Arbeit des Teams vorstellten. Eine Arbeit, die Kluge wiederum als einen Künstler zeigt, der stets an der Schnittstelle von Kunst und Politik arbeitet, wie Kluge in einem Interview mit Marius Babias deutlich gemacht hat: „Für mich ist das Bild eine Allegorie, die die dargestellte Gruppe von Therapeuten und zugleich den gesellschaftlichen Raum meint, in dem wir heute leben.“

„Nach der Schrift“ - eine neue Bildserie, die nun in einem lohnenden Katalogbuch des Kerber Verlags vorgestellt wird - zeigt den jüngst mit dem Stiftungspreis der ökumenischen „Stiftung Bibel und Kultur“ geehrten Professor an der Staatlichen Akademie für Bildende Künste in Karlsruhe als Maler, der die Welt der Bibel, die gefolterten, gepeinigten biblischen Figuren, in seinen eigenen künstlerischen Kosmos integriert und sie damit in die Gegenwart hebt. Dunkel sind die Farbtöne seiner expressiven Malerei, die Oberfläche schrundig, durch Spachtel und Messer zerfurcht - doch Wahrhaftigkeit strahlt durch diese schwachen, schmerzerfüllten, gepeinigten Figuren.

Der Literaturwissenschaftler Klaus Theweleit schreibt in seinem überaus gelungenen Katalogtext über den Maler Kluge: „Er gräbt solange, bis etwas sichtbar wird. Eine der untersten Schichten (und die lange Zeit dominante) der Mal-Geschichte, ´das Biblische´, darüber das in 3000 Jahren dazugeschichtete Geschehen.“ - „Malen“, sagte Kluge selbst einmal, das ist „langsames Einwachsen einer Vorstellung in ein Material“.
6.3.2007
Marc Peschke
Gustav Kluge. Nach der Schrift. Hrsg. Stiftung Bibel und Kultur. Text v. Rainer Metzger, Klaus Theweleit. 96 S., fb. Abb., 25 x 31 cm, Gb., Kerber, Bielefeld 2006. EUR 34,50
ISBN 3-86678-036-2
 
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