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Imagination und Wirklichkeit - Zum Verhältnis von mentalen und realen Bildern in der Kunst der frühen Neuzeit in Italien

Auf knapp zweihundert Seiten möchten sich die Herausgeber Klaus Krüger und Alessandro Nova dem schwer faßbaren Thema "Imagination und Wirklichkeit" annähern. Sie fassen damit die überarbeiteten Vorträge einer im Sommer 1997 unter gleichem Titel vom Kunsthistorischen Institut der J. W. Goethe-Universität in Frankfurt a. M. veranstalteten Tagung zusammen. Im Untertitel wird der Inhalt der Essaysammlung mit dem Verhältnis von mentalen und realen Bildern umschrieben und zeitlich auf die Kunst der frühen Neuzeit eingegrenzt. Der von der Gerda Henkel-Stiftung, Düsseldorf mit einer Druckförderung verwirklichte Band veröffentlicht nun zwölf Beiträge, darunter zwei französische und zwei englische. Er soll laut Herausgeber im Rahmen einer interdisziplinären Diskussion der Geister- und Kulturwissenschaften einen Beitrag leisten zur Frage nach dem "Anteil des Imaginären an der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft" (Georges Duby). Dies gelingt zu bestimmten Themen oder Künstlern in allerdings trockener Wissenschaftlermanier. Aber angesichts der Komplexität des Themas können selbstverständlich nur schmale Breschen geschlagen werden. Diesen Sachverhalt begründen die Herausgeber in ihrer Einleitung so: "Das Spektrum der Erscheinungsformen, in denen sich die Imagination konkretisiert, läßt sich in seiner Breite kaum stringent systematisieren, es reicht von Erinnerung und Gedächtnisleistungen bis zu Träumen, Visionen und Phantasmen, von sozialen Utopien, mythischen Entwürfen und religiös fundierten Glaubenserwartungen bis hin zu subjektiv bestimmten Sehnsüchten, Wünschen und Projektionen."
Der Kunstbücher liebende Laie wird in diesem Buch vor allem Lese-Arbeit, wenig sinnliches Vergnügen finden. Doch seien hier kurz für den interessierten Wissenschaftler die inhaltliche Ausrichtung der einzelnen Beiträge zusammengestellt. Eröffnet wird der Band mit drei interdisziplären ausgerichteten Beiträgen zu Mittelalter-Foschungen. Der Historiker Jean-Claude Schmitt reflektiert über kulturabhängige und ?unabhängige Formen der Wahrnehmung anhand verschiedener mittelalterlicher Bildmotive.
Der Geschichts- und Religionswissenschaftler Thomas Lentes stellt die historischen Veränderungen der gedächtnisstiftenden Funktion und Wirkung von Bildern oder Reliquien im sakralen Umfeld vor. Mit der "Analyse der Bedingungen, die das intrikate Verhältnis von Bild und Vision bei van Eyck begründen" befasst sich Jeffrey F. Hamburger.
Folgende Beiträge decken geographisch betrachtet ein weites Feld ab. Daniel Arasse befasst sich mit Leonardos sfumato, Alessandro Nova mit der Metamorphose des Betrachters und des Betrachteten bei Correggio und Parmigianino und Klaus Krüger mit der Poesie der Ferne in der italienischen Malerei des Cinquecento. Tanja Michalsky schließt mit der besonderen Raumdarstellung in den Landschaften des Pieter Brueghel d. Ä. und Daniela Hammer-Tugendhat mit Betrachungen zu Samuel van Hoogstratens "Die Pantoffeln" an. Schließlich widmen sich Victor I. Stoichita und Anna Maria Coderch Goyas Caprichos. Der Beitrag von Stefan Germer über die "gesellschaftliche Funktion des Imaginären im Bereich der Salonkunst" hat die Grenze der frühen Neuzeit überschritten. Abschließend wendet sich Mieke Bal der Caravaggio-Rezeption in der zeitgenösischen Kunst einer Jeannette Christensen zu.
26.6.2001
Annegret Winter
Imagination und Wirklichkeit. Zum Verhältnis von mentalen und realen Bildern in der Kunst der frühen Neuzeit in Italien. Hrsg. v. Krüger,Klaus /Nova, Alessandro. 2000. XI,183 S., 121 schw.-w. u. 4 farb. Abb. Ln DEM
ISBN 3-8053-2716-1
 
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