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Spielregeln der Kunst - Spielregeln im Elfenbeinturm

Spielregeln der Kunst - der Titel dieser Aufsatzsammlung von 11 Autoren unterschiedlicher couleur zu Aspekten der Gegenwartskunst und des gegenwärtigen Kunstbetriebs ist ebenso offen wie ebensowenig selbsterklärend formuliert. Ist die Kunst wirklich, wie der Herausgeber Wolfgang Zinggl im Vorwort behauptet, ein bloßes Spiel um Anerkennung (S. 15), ein Antrag, eine Aktivität oder ein Objekt möge mit dem Wort "Kunst" bezeichnet werden. Ob Spiel oder Nichtspiel, Theorie oder Praxis, Kunst oder Politik, Institution oder Künstlergenie - wohl noch nie sind die gängigen Kritierien der Bewertung von Kunst, die Methoden kunstwissenschaftlicher Reflexion und die Wechselbeziehungen zwischen Kunsttheorie und angewandter -Praxis so sehr reflektiert worden wie in der Gegenwart. Die Grenzen zwischen den Bezugssystemen und beziehungswesie sind unübersehbar aufgeweicht; die Kluft zwischen den beteiligten Produzenten und Rezipienten, den Kritikern, Vermittlern, Historikern und Künstlern wird nur noch durch die äußerst schmal gewordenen Grenzen der Kontexte definiert, durch die die einzelnen Darstellungen voneinander getrennt sind. Auch wenn die hier versammelten Aufsätze sich scheinbar streng durch ihre Titel voneinander unterscheiden (Kulturpolitik, Machtverhältnisse, Gegenöffentlichkeit, Beruf Künstler/In, Kunstuniversitäten, Kunst und Theorie, Kunstgeschichte, Museen Kunstsammlungen, Ausstellungs-politik, Kunstkritik, Medien) - die zunehmende Ausdifferenzierung des Gesellschafts- bzw. Kunstsystems in unterschiedliche Subsysteme kann anhand kleinen Handbuchs beispielhaft nachvollzogen werden. Was getrennt erscheint, kann systematisch vereint dargestellt werden. Die Leistung dieses kleinen Bandes besteht u.a. auch darin, dass die beteiligten Autor/Innen ihre Positionen als offene Stellungnahmen verstehen und es beispielsweise ruhig riskieren, die Dinge bzw. Personen, die im Machtstpiel um die anerkannte Kunst mitwirken einmal beim Namen zu nennen (so etwa bei Justin Hoffmann). Positiv fällt der insgesamt nüchterne Ton aller Texte angenehm auf. Sigrid Schades Text über die Kunstgeschichte liest sich stellenweise wie der Versuch einer größtmöglichen Distanzierung des eigenen kunsthistorischen Tuns - und macht damit zumindest ansatzweise auf den blinden Fleck (S. 87) aufmerksam, dem ausgerechnet die Kunstgeschichte als Disziplin der theoriegesättigten Sichtbarkeit unterliegt aber doch von nur wenigen registriert wird. Dass die Autorin dem Thema der Tautologie am Beispiel von Bruce Nauman einen größeren Platz einräumt, erscheint mir nur realistisch zu sein: die Strategien, in und mit denen Künstlern arbeiten funktionieren innerhalb ihrer historischen Voraussetzungen, (blinden) Traditionen und "Einschreibungen" - sie bestätigen nur die Formen, in denen sie vorgeben, das Außen von Kunst-Systemen zu kritisieren. Der Spielregeln der Kunst kann man so schnell nicht entkommen.
26.6.2001
Michael Kröger
Spielregeln der Kunst. Hrsg. v. Zinggl, Wolfgang. 2000. ca. 152 S. - 21 x 13 cm. Br DEM 29,80
ISBN 90-5705-166-4
 
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