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Landschaftsmalerei und Naturphilosophie

Bücher zur Geschichte der Landschaftsmalerei haben – wie Bücher zur Geschichte des Stilllebens – die Tendenz, als Coffee Table Book zu enden. Oder es gibt die lehrreichen Sammlungen zur Theorie dieser Gattungen, in denen der Leser etwas über das Selbstverständnis der Künstler und über die Haltung ihrer zeitgenössischen Rezipienten erfahren kann. Barbara Eschenburgs Buch geht einen anderen Weg. In 20 Kapiteln behandelt sie jeweils anhand eines markanten Künstlers das Verhältnis von Naturverständnis und Kunst in dessen Zeit. Ihre Grundthese ist es, dass die europäische Landschaftsmalerei und die neuere Naturphilosophie und/oder Naturwissenschaft jeweils in einem Geschwisterverhältnis stehen. Beide haben die Natur zum Thema, wobei die Landschaftsmalerei dem durch die Wissenschaft verbreiteten Weltbild folgt, denn auch die Künstler haben nur gesehen, was sie wussten.
Von Jan van Eyck bis zu Wassili Kandinsky und Paul Klee spannt die Autorin den Bogen ihrer Geschichte. Die Protagonisten von Leonardo da Vinci bis Claude Monet sind dabei nicht das Überraschende, sondern wie sich ihr Naturverständnis vom Wiederaufleben der antiken Naturphilosophie eines Aristoteles und Seneca bis zu den neuen Erkenntnissen der Farbtheorie des Chemikers Michel Eugène Chevreul immer wieder in anderen, in der jeweiligen Zeit aktuellen Aspekten der theoretisch-wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Natur widerspiegelt. Eine von Eschenburg zitierte Sentenz aus John Constables Vorlesungen zur Landschaftsmalerei könnte das Motto des gesamten Buches sein: „Malerei ist eine Wissenschaft und sollte verfolgt werden als eine Untersuchung der Gesetze der Natur. Warum sollte man nicht die Landschaftsmalerei als einen Zweig der Naturphilosophie betrachten, von der Bilder nur die Experimente sind.“
Barbara Eschenburg gelang es, eine andere Form europäischer Kunstgeschichte zu schreiben. Bislang wurden allenfalls Einzelaspekte, aber nicht in dieser Stringenz über 500 Jahrhunderte hinweg die Verbindung von Philosophie, Naturwissenschaft und Malerei verfolgt. Das bietet neue Perspektiven auf die Kunst, aber umgekehrt auch neue Perspektiven für alle an Philosophie und Geschichte der Naturwissenschaften Interessierte auf die jeweilige Zeitgeschichte.

15.09.2019
Andreas Strobl
Naturbilder – Weltbilder. Landschaftsmalerei und Naturphilosophie von Jan van Eyck bis Paul Klee. Eschenburg, Barbara. 264 S. 120 meist fb. Abb. 23 x 22 cm. Gebr. Mann Verlag, Berlin 2017. EUR 59,00. CHF 72,00
ISBN 978-3-7861-2788-8   [Gebr. Mann Verlag]
 
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