KunstbuchAnzeiger - Kunst, Architektur, Fotografie, Design Anzeige Verlag Langewiesche Königstein | Blaue Bücher
[Home] [Kunst] [Rezensionen] [Druckansicht]
Themen
Recherche
Service

[zurück]

Hannah Höch –. Montierte Welten

Hannah Höchs (1889–1978) Werk rüttelt auf und zeigt auf erschütternde Weise das Leben in einer zerrütteten Gesellschaft. Ihre Kunst hätte als Warnung für den erwartbaren Nationalsozialismus gelten können. Doch ihre Warnung und vieler anderer Künstler blieben ungehört.

Hannah Höch verdiente ihren Unterhalt als Redaktionsmitarbeiterin bei Ullstein, einem großen Zeitschriftenverlag, was ihr einen weiten Blick in die aktuellen gesellschaftlichen Lebensformen erlaubte. Sie lebte in katastrophalen Zeiten.
In den 1920er-Jahren brach Hannah Höch mit Darstellungs- und Sehgewohnheiten der Vorkriegszeit und setzte ihre Arbeiten als Collagen ins Werk. Ihre Werke zerlegten eine Welt, die von der Katastrophe des Ersten Weltkriegs und apokalyptischen Lustbarkeiten in Deutschlands Großstädten geprägt war. Hannah Höch setzte ihre Collagen auf revolutionäre, poetische und oft auch ironische Weise zusammen und war die einzige Frau, die sich in der Berliner Dada-Szene behaupten konnte.
Hannah Höch blieb ihren künstlerischen Mitteln und ihrer poetisch-radikalen, zwischen Gesellschaftsbeobachtung und Traumwelt schillernden Imagination ihr Leben lang treu. Ihre Werke begrenzte sie während des Nationalsozialismus allerdings aus Angst um ihr Leben auf „unpolitische“ Themen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs blieb sie ihrer kritischen Haltung treu. Schere und Klebstoff waren die Waffen ihrer Kunst der Montage, als deren Miterfinderin sie gilt.
Dabei spielte auch die Begeisterung der Öffentlichkeit für den noch jungen Film eine gravierende Rolle. Hannah Höch verstand ihre Montagen als statische Filme. Schnitte und Montagen von „laufenden“ Bildern prägten das damals noch junge Massenmedium Film und damit das Schaffen der Künstlerin.
Das reich illustrierte Buch geht erstmals Höchs Faszination für den Film und die Bildkultur des modernen Industriezeitalters nach und zeigt, wie sich die Montage im Spannungsfeld von künstlerischem Experiment, kommerzieller Verwertung und politischer Vereinnahmung entwickelte.
Abgerundet wird der Band durch einen Text über Fotomontage von Hannah Höch, geschrieben 1948, sowie durch eine Textmontage zur Montage als künstlerischer Technik: Zu Wort kommen Filmschaffende und Künstler, u. a. Dsiga Wertow, Sergej Eisenstein, László Moholy-Nagy, Raoul Hausmann und Kurt Schwitters.
Die Werke Hannah Höchs „Montierte Welten“ sind in Bern im Zentrum Paul Klee noch bis zum 25. Februar und vom 21. Juni bis zum 6. Oktober im Wiener „Unteres Belvedere“ zu besichtigen.
Eine Reise dorthin lohnt sich bestimmt.

03.02.2024
Gabriele Klempert
Hannah Höch. Montierte Welten. Hrsg.: Rollig, Stella; Waldmeier, Martin; Zimmer, Nina; Beitr.: Makholm, Kristin; Waldmeier, Martin; Zimmer, Nina; Übersetzt von Elle, Camilla; Magyar, Tabea. 2023. 200 S. 154 fb.und 15 s/w-Abb. 23 x 17 cm. Pb. Scheidegger & Spiess, Zürich 2023. EUR 38,00. CHF 39,00
ISBN 978-3-03942-171-8   [Scheidegger & Spiess]
 
© 2003 Verlag Langewiesche [Impressum] [Nutzungsbedingungen]